<165>Im Hausflur ausmarschiert — ein rechtes Fressen
Für'n Trödler oder Antiquarius!
Zwar Namen alle hohen Klangs, indessen
Gar schäbig von Gewand, so trotzen sie
Dem Erdgeschick, und wenig protzen sie
Im Kittel von schmutzfarbnem Pergament.

Doch nun mit frommem Graus verlassen wir
Den Tempelvorraum, der uns ja noch trennt
Von Deiner Cella, dem Studiergemach.
Wie'n Kapuziner hausest Du allhier,
In diese Freistatt dringt die Welt nicht nach.
Meister Erasmus, sieh! O feinberedter
Fürsprech der Narrheit!1 Aber sagt doch, sieht er
Nicht da wie ein Grandonio,2 groß und breit,
Wie der gewicht'ge Pförtner dieser Kammer,
In großem Folio, der Rotterdamer?
Und borten — ist's die Möglichkeit?
Die Büchermassen — lauter Kirchenväter!
So nahn wir Deinem Schreibtisch: also hier
Machst Du die Nacht zum Tage Dir
Und prägst Dir tausend Wunder ein
In Koptisch, Griechisch und Latein!
Dort Dein berühmter Abauzit3 — wer kennt ihn
Und wer sein Werk? — kein Titel nennt ihn;
Und da, der letzte Band von Reimerein,
Die Jean Baptiste Rousseau gedrechselt,
Seit er sein Wesen scheinheilig gewechselt. 4
Was mag das dort auf den Regalen sein?
Die Sammlung ist's von scharfen Diatriben,
Die ein gewandter Hugenott geschrieben,
Angriffe auf den Jesuitenorden.
Und dort auf jenen Bücherborden
Erbauliche Betrachtungen — da salbadert


1 Anspielung auf Erasmus' Schrift: „lob der Narrheit.“

2 Der Riese Orandonio, ein Sarazenenfürst in Spanien, ist einer der Helden in Bojardos Epos „Orlando innamorato“.

3 Anmerkung Friedrichs: „Ein Genfer Professor, den Jordan als großen Schriftsteller zitiert, den aber zu kennen lein Mensch die Ehre hat.“ Gemeint ist Firmian Abauzit (1679—1767), ein philosophischer und theologischer Schriftsteller, der nach dem Edikt von Nantes nach Genf geflüchtet war.

4 I. B. Rousseau (1670—1741), der Verfasser sehr freier und schlüpfriger Verse, kehrte in späteren Jahren den Strenggläubigen heraus.