327. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL FÜRST VON ANHALT-DESSAU IN BERLIN.

Strehlen, 26. März 1741.

Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ew. Liebden Schreiben vom 20. d. ist Mir wohl einbehändiget worden, und habe Ich <217>daraus mit mehrerm erfahren, wohin Deroselben Gedanken wegen des schändlichen Projectes, so der wienerische Hof, besonders aber der dresdensche, wider Mich an verschiedenen andern Höfen geltend machen wollen, gehen. Ich bin auch vollkommen von Ew. Liebden Sentiment, doch halte davor, wie es die Nothwendigkeit erfordert, dass bevor die Operationes wider das Churhaus Sachsen zur Execution gebracht werden, zuforderst die Zeit abgewartet werden müsste, dass die Regimenter, welche zu dem unter Ew. Commando stehenden Corps d'armée [gehören], völlig zusammen sein, hiernächst aber, dass bevor Ich mit den Sachsen breche, Ich noch ein paar Relationen von Petersburg aus abwarte, um zu sehen, ob der russische Hof in ein dergleichen detestables Complot entriren oder sich annoch rectificiren lassen werde. Dass die Hessen einige Ordres bekommen haben, hat zwar, wie Ew. Liebden solches Mir Selbsten letzthin gemeldet haben, insoweit wohl seine Richtigkeit, noch zur Zeit aber bleibet es ohngewiss, wohin selbige, wenn der Marsch wirklich geschehen sollte, sich wenden werden; hannoverscher Seiten hält man sich noch stille, und da der p. v. Schwicheldt ohnlängst zu Berlin angekommen und sich von einigen geheimen Propositionen äussert, so werde Ich hoffentlich im Stande sein, nächstens von denen wahren Umständen der Sache mit Zuverlässigkeit urtheilen zu können. Sollten alsdann die Umstände erfordern, mit Sachsen zur Ruptur zu kommen, so bin vollenkornmen von Ew. Liebden Sentiment, dass nämlich mit Eroberung von Wittenberg die Operation anzufangen sei, indem wann ohne diesen Ort zu haben die Regimenter nach der Saale marschiren sollten, solche, wie Ew. Liebden sehr gegründet urtheilen, von Berlin zu weit abkommen und dieses zu sehr exponiret sein würde. Ich hoffe, dass alsdann Ew. Liebden doch mit Wittenberg ehe fertig sein werden, bevor Hannover nebst Hessen zusammen kommen, und dass Ew. Liebden mit denen Sachsen schon fertig sein werden, bevor letztere mit erstern sich combiniren können.

Ich werde nicht ermangeln, sobald Ich nur die geringste, doch zuverlässige und ferme Nachrichten erhalte, Ew. Liebden solche alsofort zu communiciren, um alsdann Dero weitere Mesures darnach zu nehmen; auch werden Ew. Liebden zum öftern mit dem Etatsminister v. Podewils zu sprechen belieben, damit derselbe Ew. Liebden von allen inzwischen einlaufenden neuen Nachrichten behörige Ouvertures geben könne; noch zur Zeit ist wohl nicht alle Hoffnung verloren, sowohl Russland zu besseren Gedanken zu bringen, als auch Hannover von dem ehrlosen Complot zu detourniren; auch ist die Apparence, dass Holland nie darin toppiren werde; in 2 à 3 Posttagen wird sich das Geheimniss der Bosheit näher developpiren und zeigen, ob solches in der ersten Geburt ersticket, oder Ich nöthig haben werde, hierwider hinlängliche Mesures zu nehmen. Inzwischen habe Ich dem Generaldirectorio Befehl gegeben, sogleich das gehörige zu besorgen, damit das magdeburgische und stettinsche Garnisonregiment sowohl, als das zu Berlin, zusammen kommen soll. Wegen <218>derjenigen Generalunterstabespersonen, so zu Ew. Liebden Corps der Armee nöthig sein, erwarte Deroselben Vorschläge, was vor Leute Dieselbe am liebsten dazu haben wollen. Was übrigens Meine hiesige Umstände betrifft, so ziehe Ich Mich nach der Neisse zu; der Generalfeldmarschall Schwerin aber muss Meine Ordres, ob Ich ihm schon solche durch sichere Leute zugesandt, nicht erhalten haben, da er Ratibor und Troppau noch nicht verlassen hat, welches doch hoffentlich, da ihm deshalb ganz positive reiterirte Ordre geschicket, nächstens geschehen soll. Der Ich stets mit besonderer Estime verbleibe Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Archiv zu Zerbst.