435. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL FÜRST VON ANHALT-DESSAU IM LAGER BEI GÖTTIN.

Lager bei Strehlen, 23. Juli 1741.

Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ew. Liebden beide Schreiben vom 16. und 19. d. seind Mir wohl überbracht worden, und bin Ich von dem darin gemeldeten Plan, welcher Gestalt Ew. Liebden. mit Dero unterhabenden Armee Dero Operationes vorzunehmen vermeinen, wenn es die Umstände erfordern sollten, gegen Hannover oder gegen Sachsen zu agiren, gar sehr zufrieden, habe auch Ew. Liebden besondere Obligation, wegen der hierunter genommenen prompten Bemühung, und dass Dieselbe auf alle Fälle das nöthige deshalb vorläufig disponiren wollen. Es gewinnet aber das Ansehen, als ob sowohl durch den Echec, welchen die Engelländer bei Carthagene erlitten, als auch durch die Mouvements, welche allen Nachrichten nach von Frankreich und Baiern gemachet werden, die Sachen eine andere Face bekämen, und der hannöversche Hof noch wohl bedenken haben dörfte, vor der Hand gegen Mich öffentlich etwas feindseligeszu tentiren. Es hat Mir solches nicht nur der p. v. Plotho zu Hannover nicht nur melden, sondern Mich auch dabei versichern wollen, wie er Ursach habe zu glauben, dass, ob zwar die 6000 Hessen zum Marsch bereit ständen, dennoch der Prinz Wilhelm von Hessen declariret haben sollte, dass man hessischerseits nicht gewillet sei, solche Truppen gegen Mich employiren zu lassen. So schreibet Mir auch der p. Destinon aus Hamburg, dass diedänische Auxiliairtruppen noch zur Zeit sich nicht movirten; aus Sachsen aber meldet der p. Ammon, dass die dortigen Regimenter nicht nur in ihren Cantonnirungsquartieren ruhig wären, sondern dass auch der dortige Hof den hannöverischen die Ueberlassung derer verlangeten 6000 Mann weigere, auch wiederholentlich declariret habe, dass man dorten neutral bleiben und an Hannover keine Truppen überlassen würde. Ob Ich nun schon allem diesen nicht traue und persuadiret bin, dass Ich Ursachehabe, sehr wohl auf Meiner Hut zu sein und die Menées des hannöverschen Hofes sowohl als des sächsischen zu beobachten, so halte doch davor, wie Meine Umstände erfordern, <284>dass Wir dorten noch zur Zeit ruhigbleiben, bis man näher einsehen kann, wohin vorgedachte beide Höfe eigentlich hinaus wollen. Dahero dann vor der Hand es auch noch nicht von Nöthen sein wird, dass Ew. Liebden die beiden Regimenter von Jung-Dohna und Prinz Heinrich zur Armee kommen lassen, vielmehr zur Evitirung aller Ombrage es besser sein wird, dass solche noch inihren Garnisonen stehen bleiben. Sollten es die Umstände hiernächst erfordern, dass Ew. Liebden diese Regimenter an Sich zögen, so kann solches in wenig Zeit geschehen, und ist Meine Intention, dass solche alsdann nicht mit eignen Pferden, sondern mit Vorspann marchiren sollen; Ew. Liebden aber haben dahin zu sehen, dass indessen der Obriste von Massow ihm die völlige Feldequipage fertig schaffe, damit es darunter an nichts fehle, bis auf die Pferde, welchesie vorgedachtermassen nicht nöthig haben. Das Braunschweigische Regiment aber kann inzwischen nach Berlin marschiren und daselbst seine Dienste thun, da Ich es in Stettin so nöthig nicht finde. Die Verstärkung derer Magazine für Halle und Magdeburg kann also auch noch etwas Anstand haben, wegen aller vorstehenden Umständedann Ew. Liebden den p. Deutsch zu instruiren haben werden. Mit des Obristen Prinz Moritz Liebden werde auch wegen der eigentlichen Situation von Wittenberg sprechen; was aber die Sachsen von Canons und Ammunition dahin schaffen, sehe noch zur Zeit nicht anders an, als sich dorten nur in Defessionstande zu setzen. Die von dem Jung-Dohnaschen, Prinz-Heinrichschen und Braunschweigschen Regiment auf Werbung commandirte Officiers wollen Ew. Liebden inzwischen nur dahin abgehen lassen, und approbire Ich, dass. der Obriste von Massow ihnen die dazu accordirte 6000 Thaler auszahlen lassen. Die nach Berlin aus der Armee commandirte 200 Mann können Ew. Liebden, wenn es zum Marsch kommet, einziehen, gleichfalls alsdann auch die Dero Armée noch fehlende 60 Canoniers daher kommen lassen; zur Bedeckung derer sodann in Brandenburg zurückbleibenden Kranken wird es genug sein, wenn von dem berlinischen Garnisonregiment ein Commando von etwa 60 bis 70 Mann dahin beordert wird, umdaselbsten nur die Thore zu besetzen. Wegen der zwei Grenadiercompagnien von Jung-Dohna ist Meine Intention, dass solche auch noch zur Zeit zu Crossen stehen bleiben, die zwei Grenadiercompagnien von Braunschweig aber demohnerachtet dahin marchiren sollen. Dass der sächsische Hof die zu Torgau arretirt gewesenen Husaren auf eine so obligeante Art losgegeben, ist Mir sehr angenehm gewesen, welches Ew. Liebden, dass Ich in allen Fällen gleiche Attention vor gedachten Hof haben würde, gehöriges Ortes versicheren können, zu welchem Ende die Mir communicirte Briefe des Grafen v. Brühl und General v. Baudissin hierbei zurück erfolgen. Uebrigens werde von Ew. Liebden ferner erwarten, was die von Deroselben ausgesandte Officiers berichten werden, und wird sich daraus mit zeigen, was zu thun und zu lassen seie. Wann auch schliesslich Ew. Liebden Meine Ueberkunft nach dem dortigen <285>Lager wünschen, so versichere, dass es Mir eine wahrhafte Freude sein würde, Dieselben daselbst zu embrassiren, um das nöthige mündlich zu concertiren, die hiesigen Umstände aber wollen Mir dieses Vergnügen noch nicht erlauben, da Ichnoch nicht versichert bin, ob nicht der Feind, aller darwider seienden Apparence ohnerachtet, dennoch einen Coup de désespoir tentiren dörfte, dass also dieser und anderer Umstände halber Meine Gegenwart allhier annoch nothwendig erfordert wird. Ich beharre mit beständig wahrer Hochachtung Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Archiv zu Zerbst.