7931. AN DAS DEPARTEMENT DER AUSWÄRTIGEN AFFAIREN.

Instruction vor die Minister vom Departement der auswärtigen Affairen, den Grafen von Podewils und Grafen von Finckenstein.

Potsdam, 27. August 1756.

Da die Conjuncturen es ohnumgänglich erfordern, dass Ich mit Meiner Armée zum Schutze Meines Staats und des Vaterlandes aufbrechen und einem Feind entgegengehen muss, dessen übele Intentiones dahin gegangen seind, Mich in Meinen eigenen Staaten zu attaquiren, auch dadurch die Freiheit und Prärogativen der gesammten Reichsstände gänzlich zu opprimiren und seinem Despotisme zu unterwerfen, so habe Ich Euch zu Eurer Direction mit nachstehender Instruction versehen wollen, dass nämlich:

Erstens, Ihr währender Meiner Abwesenheit eine grosse Attention darauf haben sollet, damit die Eurem Departement Untergebene mit aller gebührenden Treue ihr Devoir rechtschaffen thun und insonderheit keine Corruptiones bei ihnen geschehen müssen, als worauf Ihr sehr invigiliren sollet.

Ihr müsset demnächst auf die verdächtigen Leute, so sich etwa in solchen Zeiten in Berlin einschleichen und aufhalten wollten, sehr Acht haben, auch um alle verrätherische oder sonst gefährliche Correspondances von allerlei Leuten um so mehr zu entdecken, die Briefe öffnen lassen und alle diensame Mesures gegen dergleichen übel gesinnete Leute nehmen. Es ist auch eine Art von Leuten in Berlin, die sich fast ein besonderes Fait daraus machen, allerhand übele Bruits und sinistre Zeitungen auszusprengen; auf dergleichen sollet Ihr insbesondere Acht haben, und wenn dergleichen unter das Publicum gebracht worden, sogleich von Aussager zu Aussager inquiriren lassen, um den Auctoren, so viel möglich, herauszubringen, welchen Ihr sodann ohne weitere Umstände nach Spandau zum Festungsarrest schicken, und zu dessen Dahintransportirung den Generallieutenant Grafen von Wartensleben, so währender Meiner Abwesenheit das Commando im Militari zu Berlin haben wird,299-1 requiriren sollet.

Zweitens. Was die auswärtigen Sachen anbetrifft, und zwar insoweit solche zu denen gedruckten Zeitungen kommen, da sollet Ihr in denen, so zu Berlin gedrucket werden, nichts anders als solche Sachen setzen lassen, welche sich zu unserer Politique schicken, sonsten aber keine Prahlereien, als davon Ihr wisset, dass Ich solche ohnedem nicht leiden kann; weshalb Ihr dann auch selbst auf die Censur dieser Zeitungen ein genaues Auge haben müsset. Wann etwa in fremden und auswärtigen Zeitungen sinistre und präjudicirliche Sachen über unser Sujet ausgebracht werden, so sollet Ihr darauf attent sein, dass solche<300> revociret und widerrufen, oder wenigstens denenselben in denen hiesigen Zeitungen ein öffentliches Dementi gegeben werden müsse, damit das Publicum desabusiret und selbigem keine falsche Impressiones inspiriret, noch selbiges ohnnöthig in Apprehensiones und Vorurtheile gesetzet werden könne. Auf die grosse Affaires zu kommen, so sollet Ihr,

Drittens, was den polnischen Reichstag angehet, sehr invigiliren, dass dorten keine Mesures genommen werden, die Meinem Interesse entgegen seind. Wohl aber müsset Ihr mit vieler Attention darauf arbeiten und allda die Oesterreicher sowohl, als nicht weniger die Russen, wenn es mit solchen zum Kriege kommen sollte, odieux zu machen und durch alle von Euch nur erdenkliche Insinuationes die Sachen dahin vermitteln, dass, wo nicht der mehreste, doch wenigstens ein Theil derer Polen und polnischen Magnaten glaubet, und persuadiret sei, wie dass wir die einzigen wären, welche arretireten, dass die Russen die Freiheit und Indépendance der République nicht gänzlich unter den Fuss bringen und selbige despotiquement, gleichsam wie eine ihrer Provincien, gouvernirten, noch mit der République so verfahren könnten, als schon bei der letzteren polnischen Königswahl geschehen sei. Wollten endlich dennoch auf dem Reichstage gefährliche Sachen gegen uns geschmiedet werden, so bleibet nichts anders übrig, als dass Ihr darauf arbeiten müsset, dass der Reichstag, wie bereits so ofte geschehen, zerrissen werden müsse.300-1

Viertens. Was Frankreich anbetrifft, da müsset Ihr den p. von Knyphausen bei allen Gelegenheiten instruiren, damit er beweisen und wohl darthun könne, dass die Ruptur lediglich von Seiten der Oesterreicher und der Russen käme, und Ich Meines Ortes gar nicht Schuld daran sei. Die Sachsen anlangend, so habt Ihr alle Argumente, so Ich in Meinem Manifeste anführe,300-2 vor Euch, und noch das grosse Argument, wie dass, da Ich gewusst, dass die Oesterreicher durch Sachsen und die Lausnitz gehen und in Meine Lande einbrechen wollen, wie das Project davon schon im Jahre 1745 gewesen,300-3 Ich also nach allen Regeln der Vernunft und der Vorsicht suchen müssen, sie darunter zu präveniren und die Sachsen zu desarmiren, zumalen nurgedachten Falls die Sachsen gewiss zu denen Oesterreichern gestossen sein würden, welche auch deshalb ersteren schon considerable Quantitäten an Getreide aus Böhmen zukommen lassen, um Magasins anzulegen, dass also Mir nichts anders übrig geblieben sei, als sie zu präveniren. Falls Frankreich schreien sollte, dass der Schwiegervater vom Dauphin dadurch leide, so sollet Ihr alleguiren, dass in dem vormaligen spanischen Successionskriege der dermalige Herzog von Savoyen der Schwiegervater vom Dauphin und vom Könige von Spanien gewesen p.,300-4 und dass grosse Herrn, wenn es auf den Point von ihrer eigenen Con<301>servation ankäme, keine Verwandten hätten, auch übrigens die Genealogie nicht consultiret werden könnte, wenn man Feinde hätte, die man ohnumgänglich präveniren müsste, um nicht ein grosses Uebel von ihnen zu leiden; und da Ich die Sachsen durch die Expérience kennen lernen, so hätte Ich keinen Feind hinter Mich lassen können, der Mir den coup mortel beigebracht haben würde, wenn er gesehen hätte, dass Ich an allen Orten die Hände voll zu thun gehabt. Wann Frankreich sonder Prévention Meine Umstände examiniren wollte, so würde es daraus klar sehen, dass Ich nichts weiter thäte, als was Meine Sicher heit erforderte, und was Ich ohnumgänglich nicht evitiren können. Ihr habt noch sehr viele andere triftige Argumente von dem Übeln Willen, so die Oesterreicher und Sachsen gegen Mich merken lassen, davon Ihr guten Gebrauch machen müsset.

Fünftens. Anlangend die République Holland, da habt Ihr erstlich die wichtigsten Argumente von der sehr androhenden Gefahr des Umsturzes der protestantischen Religion301-1 und der Freiheit der teutschen Fürsten zu nehmen, und zweitens von dem für die Republik höchst gefährlichen Project, so die Oesterreicher in Frankreich schmiedeten, nämlich einen Vertausch von Brabant und Flandern gegen die Staaten, so der Don Philippe in Italien jetzo besitzet, treffen zu wollen,301-2 und dass solchem vorzukommen kein anderes Mittel übrig wäre, als mit Engelland und Mir cause commune zu machen, und uns dem allgemeinen Feind zu opponiren, da es noch Zeit davon wäre.

Sechstens. Bei dem Reichstage sowohl als denen Reichsständen müsset Ihr in allen Gelegenheiten mit vieler Attention und Adresse die enorme Ambition und vasten Vues des wienerschen Hofes vorstellen und dabei zu Gemüthe führen, wie es um die Freiheit der teutschen Fürsten und Stände gethan sein würde, wann den Oesterreichern die Absicht glücken sollte, uns und Hannover aus dem Wege geräumt zu haben, da sodann niemand sein würde, der sich denen gefährlichen Projects des wiener Hofes gegen die Rechte und Freiheiten der teuschen Fürsten würde opponiren können.

Siebentens. Was Dänemark sowie auch das Corpus Evangelicorum angehet, da ist das beste Argument, so Ihr anbringen könnet, von der Religion und der grossen derselben imminirenden Gefahr zu nehmen,301-3 wie solches zum Theil oben schon in dem Articul wegen der Republik Holland angeführet worden; wie dann insonderheit gegen Dänemark Ihr nicht so viel von der demesurirten Ambition des wienerschen Hofes, als von dessen üblen Procédés gegen die Evangelischen und dessen Absichten gegen die protestantische Religion sprechen und schreiben müsset.

Achtens. Wenn Ihr übrigens Zeitungen aus Russland oder Nachrichten aus der Türkei und von der ottomanischen Pforte bekommen<302> könnet, ferner auch aus dem Reiche und aus Holland Nachrichten von den Oesterreichern und Franzosen wegen deren Mouvements oder Projects erhalten könnet, so müsset Ihr Mir selbige, wann sie der Mühe Werth und wann insonderheit Euch militärische Sachen zu Ohren kommen, Mir solche schreiben und bekannt machen.

Ich recapitulire hier nochmals die vornehmsten Sachen, worauf Ihr Eure principaleste Attention richten, und auf welche Ihr mit grosser Application arbeiten sollet, nämlich

1) Holland in die Alliance zu entrainiren und dass solches seine Truppen augmentire, cause commune mit uns mache und seine Truppen zur hannoverschen Armée stossen lasse;

2) Frankreich bestens von denen malignen Insinuationen derer Oesterreicher gegen uns zu desabusiren und zu befreien, und

3) den polnischen Reichstag zu brechen.

Friderich.

Nach der Ausfertigung.



299-1 Vergl. S. 258 Anm. 1. Das Concept der Instruction für die Minister war fertig gestellt, bevor Rochow an die Stelle Wartensleben's trat.

300-1 Vergl. Bd. IX, 484; X, 453. 454.

300-2 Vergl. S. 296 Anm. 6; S. 322 Anm. 8.

300-3 Vergl. Bd. IV, 337.

300-4 Vergl. S. 294.

301-1 Vergl. S. 157.

301-2 Vergl. S. 131. 157.

301-3 Vergl. Bd. XII, 409. 410.