8642. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT IN KÖNIGSBERG.

Dresden, 22. Februar 1757.

Ich habe Euer Schreiben vom 15. dieses erhalten, von dessen Einhalt Ich dann recht wohl zufrieden gewesen bin, Euch aber sonsten vor<302> dieses Mal nichts weiter darauf zu antworten weiss, als was Ich Euch bereits unter dem 19. dieses Monates geschrieben habe,302-1 worauf Ich Mich dann hier beziehe.

Uebrigens habe Ich nicht anstehen wollen, Euch vermittelst der abschriftlichen Anlage302-2 ein so höchst impertinentes als schändliches und von der ganzen honetten Welt zu detestirendes Circulärrescript, so der russische Hof an seine Minister an auswärtigen Höfen ergehen lassen, und welches Mir von guter Hand zugekommen ist, zu communiciren. Die darin gebrauchte malhonette und infame Ausdrücke kann Ich niemanden anders als denen österreichischen und sächsischen Creaturen beimessen, die dergleichen infame Lügen denen Russen aufgebunden haben. Indess gedachter Hof dadurch seine übele Intention, Preussen durch seine irreguläre Truppen ravagiren lassen zu wollen, Jkund gethan], welches Ihr Euch dann zur Direction dienen lassen könnet, um Eure Mesures darnach zu nehmen; dabei Ich aber will, dass wenn es erfordert werden sollte, Ihr gehörigen Ortes declariren lassen könnet, dass, nachdem Ich bisher alle Moderation gegen feindliche Lande exerciret, Ich auf den Fall, dass man einige Barbarei gegen Meine dortige Lande verüben würde, anstatt eines Dorfes, so man in Preussen verbrennen werde, zehn bis zwanzig Dörfer in Sachsen und in Böhmen zur rechtmässigen Represaille anstecken und abbrennen lassen würde.

Anliegende Pièce,302-3 so Mir. zugekommen, habe Ich Euch wegen ihres besonderen, unter gesitteten Puissancen noch nie gesehenen Einhaltes communiciren wollen.

Friderich.

P. S.

Ich communicire Euch auch vermittelst der chiffrirten Beilage,302-4 was Ich nach bereits geschlossenem Meinem Brief von sehr guter und sicherer Hand vor Nachrichten aus Petersburg erhalten habe, und worauf Ihr rechnen, auch ersehen könnet, wie rüde und impoli die russischen Minister auch selbst mit denen Franzosen zu Werk gehen. Dieser grobe Stolz dörfte sich sehr legen, wenn Euch die Gelegenheit favorisiret haben wird, denen russischen Völkern recht tüchtige Schläge angebracht zu haben.

So mache Ich Euch auch bekannt, vermittelst der ohnchiffrirten Beilage,302-5 was Ich aus Schweden von dem Désastre, so denen russischen<303> Schiffen, so die schwere Artillerie nach Riga transportiren sollen, [zugestossen], durch Meinen Minister zu Stockholm erfahren habe. Wann sonst die Beilage als aus Danzig gekommen rubriciret ist, so ist es nur geschehen, um den Canal, woher Mir die Nachricht gekommen, zu deguisiren.

Sonst vernehme Ich, dass die Ordre zu Petersburg ergangen, dass die Flotte von allen Kriegesschiffen und allen Galeeren equipiret werden solle, um, sobald das Wasser offen sein wird, in See zu gehen.303-1 Ich hoffe, das Exempel der mit Artillerie verloren gegangenen Schiffe soll sie etwas scheu machen, dass sie sich mit dem Auslaufen der Flotte und Galeeren nicht übereilen, und in der Zeit fiattire Ich Mich, dass eine englische Escadre an der Ostsee sein303-2 und sie in Respect halten soll.

Nach dem Concept.



302-1 Vergl. Kr. 8632.

302-2 Beilage I; dieselbe bildet eine deutsche Uebersetzung der als Beilage II dem Schreiben an Mitchell vom 22. Februar (Nr. 8641) angeschlossenen „Lettre circulaire aux ministres russiens“ .

302-3 Beilage I.

302-4 Beilage II; dieselbe bildet eine deutsche Uebersetzung der in dem Schreiben an Mitchell vom 22. Februar (Nr. 8641) als Beilage I gegebenen Nachrichten aus Petersburg. Doch fehlen die beiden ersten Abschnitte bis „toujours d'avance“ , und am Schluss des fünften Abschnittes ist zu dem verlangten Manifest beigesetzt: „welches auch den neuesten Nachrichten nach bereits geschehen ist.“ Vergl. Nr. 8704.

302-5 Beilage III; dieselbe ist nicht mehr vorhanden. Solms berichtet, Stockholm 8. Februar: „On a appris que plusieurs vaisseaux russes, chargés de leur meilleure artillerie et de beaucoup de munition, destinés pour Riga, ont été surpris par une violente tempête, et qu'ils ont péris, sans qu'on a pu en sauver quelque chose. Quelques-uns fortement endommagés sont entrées dans le port suédois de Helsingfors en Finlande.“

303-1 Vergl. S. 297—299.

303-2 Vergl. S. 297.