8979. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN IM LAGER BEI KOLIN.

Hauptquartier vor Prag, 22. Mai 1757.

Durchlauchtiger Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ich habe Ew. Liebden Schreiben vom 21. dieses erhalten. Was die Force von dem<72> Marschall Leopold Daun angehet, da glaube Ich, dass solche ohngefähr dergestalt sein wird, wie Ew. Liebden solche urtheilen, zu sagen, wenn man sie recht stark rechnet.72-1 Wann aber dieses Corps d'armée noch auf Suceurs von denen Franzosen wartet, um alsdenn agiren zu können, so wird es noch Zeit haben zu warten, denn es noch nicht scheinet, dass die Franzosen sehr empressiret seind zu kommen.72-2 Wann aber das Leopold Daun'sche Corps die Absicht hätte, Prag mit secondiren zu wollen, so glaube Ich nicht, dass es sich so weit abhalten würde; Ich bin vielmehr der Meinung, dass wenn Ew. Liebden noch einige Mouvements machen werden, alsdenn dieses Corps sich noch mehr und weiter zurückziehen werde ; denn Ich der Meinung bin, dass der einzige Umstand, warum erwähntes Corps in seiner jetzigen Position bleibet, dieser sei, dass es seine Magazins noch weiter zurückziehen will.

Dasjenige, was Ew. Liebden dem Obristen von Werner72-3 geschrieben zu haben melden, hat alle Meine Approbation, und haben Dieselbe wohl gethan, ihn wieder über die Elbe zu schicken.

Was den von Ew. Liebden verlangeten Secours aus dem Margarethenkloster an Reconvalescirten angehet, da fehlet es noch sehr daran, dass Ich Deroselben solchen schicken könnte, sonsten, und wenn die armen Leute schon so weit wären, Ich es gewiss schon gethan haben würde. Die Leute von der Augmentation der schlesischen Regimenter angehend, da kann Ich solche gleichfalls pur ohnmöglich eher aus dem Gebirge wegnehmen und an Ew. Liebden schicken, so lange das Corps von Leopold Daun noch bei Königgrätz und der Orten herum stehet; denn ehe dieses sich nicht wegziehet, Ich das Gebirge nicht entblössen kann.

Uebrigens werden Ew. Liebden von Selbst zu bedenken belieben, wie Ich jetzo und noch zur Zeit die Mortiers hier nöthiger habe;72-4 wie Ich denn auch nicht absehe, wozu Dieselbe jetzo einige Mortiers gebrauchen könnten. Was aber das Bombardement von Prag anlanget, da wird solches vor dem 26. dieses nicht seinen Anfang nehmen können.72-5 Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Friderich.

Man versichert mir, dass Leopold Daun Ordre vom Hof hat, nichts zu risquiren. Wann das gewiss wäre, so könnte man ihm ohne grosse Mühe wegbugsiren.

Nach der Ausfertigung. Der Zusatz eigenhändig.

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72-1 Bevern schätzt die Daun'sche Armee auf 23,000, „mit Addining derer Croaten und Husaren möchten praeter propter 30,000 Mann herauskommen.“

72-2 Vergl. S. 12. 75.

72-3 Bevern hatte an Werner befohlen, wieder über die Elbe zu gehen und das jenseilige Ufer von Feinden rein zu halten. Vergl. S. 44.

72-4 Vergl. S. 50.

72-5 Vergl. S. 63.