9102. AN DEN ETATSMINISTER EDLER VON PLOTHO IN REGENSBURG.

Hauptquartier Mallotitz, 15. Juni 1757.

Mein lieber Geheimer Etatsminister Freiherr von Plotho. Eure Berichte vom 2., 6. und 8. dieses habe Ich zugleich erhalten. Ich danke Euch sehr, dass Ihr Mir die darin enthaltenen Nachrichten, so wie solche Euch zugekommen seind, communiciren wollen. Ihr habt nur zu observiren, dass Ihr künftig nicht nöthig habet, die Namen Eurer secreten<171> Correspondenten in Briefen, so auf die Post kommen, und in jetziger Zeit zu benennen, auf dass dieselbe vor ihren Eifer und Treue nicht par hasard exponiret werden.

Eure Offerte wegen Mir zu verschaffenden Rekruten vor die Armee ist Mir lieb und höchst angenehm gewesen. Je mehr Ihr Mir verschaffen werdet, je besser wird es sein, und je mehr werdet Ihr Euch damit bei Mir signalisiren; dann wir Gelegenheit haben, sie alle anzubringen.

Was die Anzahl der Insurgenten anbetrifft, die der Wiener Hof durch ein Aufgebot zusammenzubringen meinet, da glaube Ich, dass solche sehr outriret ist,171-1 doch kann es sein, dass der Hof sie so hoch angiebet, um seine Anhänger dadurch zu ranimiren. Es würde aber zum Besten meines Dienstes und vermuthlich von Effect sein, wenn Dir die Gelegenheit finden könnet, denen Lutheranern in Ungarn adroitement insinuiren und versichern zu lassen, dass, wie mit Gottes Hülfe es wir dahin zu bringen gedächten, dieses Jahr mit unsern Truppen nicht weit von denen ungarschen Grenzen zu kommen, wir, wenn sie sich alsdann zu uns schlagen und vor uns Parthei nehmen wollten, nicht eher Friede mit denen Oesterreichern machen wollten, als bis dass ihnen in solchem Ihre beständige Religionsfreiheit nach ihren Rechten und Privilegiis zugestanden und versichert worden wäre.

Sonsten dienet Euch zur Nachricht, wie Ich hieher gegangen bin, um den Leopold Daun zu poussiren, dass er ganz Böhmen quittiren und sich ganz in Mähren repliiren müsse;171-2 da indess Prag nach als vor bloquiret bleibet. Ich bin Euer wohlaffectionirter König

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Königl. Hausarchiv zu Berlin.



171-1 Plotho hatte, Regensburg 6. Juni, aus dem Oesterreichischen die Nachricht eingesandt: „Zu einer generalen hungarischen Insurrection wollte man noch nicht schreiten, sondern die Stände wären geneigt, 130,000 Mann binnen 3 Monat Frist zu stellen, und weilen die Evangelische keine gute Dienste thun möchten, so sollten diese freiwillig stellende Truppen nur aus Katholiken bestehen.“ Am 8. Juni berichtete Plotho: „Die Insurrection hätte bei dem Hofkriegesrath deshalb nicht stattgefunden, da die Magnaten verlanget, dass der Erzherzog Joseph als König in Ungarn sollte geschicket, und von allem die freie Ausführung verstattet werden, so aber nicht accordiret werden wollen; auch hätte man bei einem generalen Aufsitz befürchtet, es möchten sich die Evangelische zu Ew. Königl. Majestät schlagen, und dadurch das grösste Unglück erwachsen.“

171-2 Plotho hatte, Regensburg 8. Juni, nach eingelaufenen Meldungen berichtet: „Dem Feldmarschall Daun wäre die Ordre zugefertiget worden, sich in keine Bataille einzulassen, sondern sich langsam in Mähren zu retiriren und zu hindern, damit Ew. Königl. Majestät nicht vor Wien gehen könnten, ehe alle beorderte Truppen sich mit ihm conjungiret“