9112. AN DEN ETATSMINISTER FREIHERRN VON SCHLABRENDORFF IN BRESLAU.

Quartier Lissa, 22. Juni 1757.

Mein lieber Geheimer Etatsminister von Schlabrendorff. Ich habe Euch hiedurch benachrichtigen wollen, dass, da Ich durch verschiedene Mouvements, so der Leopold Daun mit seiner unterhabenden Armee gemacht, [ersehen, dass] dessen Absicht dahin gegangen, den Entsatz von Prag zu tentiren, Ich dannhero mit einigen wenigen Bataillons und Escadrons zu dem Corps des Herzogs von Bevern gestossen bin, welcher sich der Ursach halber auf Mich zurückgezogen und in der Gegend Kaurzim zu Mir gekommen ist, da indessen der Leopold Daun mit seiner ziemlich verstärkten Armee vorwärts gegen Kolin marschiret ist, wo Ich auch denselben den 18. dieses auf denen Kolinschen Höhen postiret gefunden und darauf des Nachmittags um 2 Uhr mit dem linken Flügel attaquiret habe. Es haben auch die dazu commandirt gewesene Bataillons sowohl zwei considérable Batterien vom Feinde, als auch zwei stark mit Infanterie besetzte Dörfer weggenommen und den Feind repoussiret. Wie aber der Feind auf drei Anhöhen hinter einander stark postiret gestanden, so haben die commandirten Bataillons nebst denen, welche solche zu souteniren commandiret worden, durch das starke Kartätschenfeuer aus denen Batteriestücken, so auf der dritten Anhöhe postiret gestanden, so viel gelitten, dass Ich lieber zur Retraite resolviren, als die Regimenter noch weiter zu sehr exponiren wollen. Indessen der rechte Flügel den Feind auch zwei Mal poussiret hat, so dass dessen Verlust so stark gewesen, dass, als Ich die Regimenter zum Abmarsch beordern lassen, der Feind sich von seinem Posten nicht gerühret, noch sich unterfangen hat, die sich zurückziehende Regimenter weder zu verfolgen noch sonsten auf ihrem Marsch im geringsten zu inquieriren.

Ich habe indessen die Bloquade von Prag aufheben lassen, nachdem solche bei Meiner Abreise aus dem Lager von Prag bis dahin noch nach als vor continuiret hat, und stehet der Feldmarschall Keith mit seinem unterhabenden Corps d'armée noch zu Minkowitz, um das weitere zu observiren; sowie Ich Mich hieher gezogen habe, um dasjenige, was wir an Verlust bei der Bataille gehabt, fordersamst zu repariren und sodann Meine Mesures weiter zu nehmen.

Ihr könnet gewiss sein, dass dieses die wahren Umstände von der ganzen Sache sind, und dass also in der Hauptsache selbsten nichts verloren, als was etwa an Mannschaft in der Bataille verloren gegangen ist, welches Ich alles wieder in Ordnung zu bringen beschäftiget bin. Ihr habt Euch also an alle Bruits und Gasconnaden, so österreichischer<180> Seits darüber ausgesprenget werden möchten, gar nicht zu kehren und allen dortigen wohlintentionirten Leuten einen Muth einzusprechen und [vorzustellen], dass nach den acht Bataillen, so wir hinter einander gewonnen haben, dieses die erste und einzige, so verloren ist, wodurch also die Sachen noch gar nicht in desperate Umstände gekommen sind, sondern Ich gewiss hoffe, binnen einiger wenigen Zeit wiederum sehr gute Nachrichten von hier aus geben zu können.

Friderich.

Nach einer Abschrift in den Ministerialakten.