9181. AN DEN ETATSMINISTER EDLER VON PLOTHO IN REGENSBURG.

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Plotho berichtet, Regensburg 2. Juli: „Ich muss allerunterthänigst berichten, wie es anjetzt leicht sein würde, dass Ew. Königl. Majestät in Zeit von vier Wochen im Teutschen Reiche eine Armee von 30,000 Mann zusammenbringen könnten, um damit gegen die Franzosen zu agiren, auch die ganze Reichsarmee mit einmal zu zernichten, wann es nur möglich, dass Allerhöchstdieselbe ohne Zeitverlust ein Corps von 8000 Mann detachiren könnten, und welches durch Schwaben und Franken nach dem oberrheinischen Kreise seinen Marsch nähme; bei Einrückung aber in solche Kreise denen Ständen schriftlich, zugleich auch öffentlich declariren Hessen, wie Ew. Königl. Majestät das liebe Teutsche Vaterland von fremden Truppen zu befreien sucheten und also nicht zweifelten, es würden alle Stände des Reichs, so wie es in denen Reichsgesetzen gegründet und die reichsständische Obliegenheit erfordere, sich hiezu mit denen Kreiscontingenten anschliessen. Die Wohlgesinnete werden sodann, wann es nicht öffentlich geschehen kann, jedoch ingeheim ihre Truppen übergehen lassen und mehrers zur Verstärkung thun lassen; dagegen auch solche zu menagiren wären. Gegen die andern aber würde Ernst zu zeigen und deren Truppen zu zerstreuen sein. Jedoch wäre nicht lange hiebei sich aufzuhalten, sondern der weitere Marsch immer, so viel möglich, zu beschleunigen, auch der Erbprinz von Hessen-Darmstadt und der Prinz Friederich von Württemberg mit solchem Corps zu senden; so würde der Zweck auf das vollenkommenste sein.“

Leitmeritz, 8. Juli 1757.

Mein lieber Geheimer Etatsminister Freiherr von Plotho. Durch den von Euch abermalen anhero geschickten Courier habe Ich Euer demselben anvertrautes Schreiben vom 2. dieses Monates richtig erhalten.

Es kann Mir nicht anders als zu sehr gnädigem Gefallen gegen Euch gereichen, dass Ihr auf alles Attention habet, so Meinen Dienst und Interesse befördern kann, auch der Plan, welchen Ihr anführet, wäre so gar unrecht nicht, obgleich deshalb noch verschiedene mehrere Arrangements gemacht und auf gewisse Präcautiones gedacht werden müsste. Es leiden auch die Umstände nicht allemal dasjenige so zu executiren, wie Ihr es in Vorschlag bringet, dahero Ich es noch bis zu einer andern Zeit und Umstände aussetzen muss.

Durch die Eurem vorigen Courier mitgegebene und Meinem Schreiben beigefügte Relationes227-1 von allem, so zeither in Böhmen vorgegangen, werdet Ihr ersehen haben, wie ganz abscheulich in denen nach Eurem Orte gekommenen Nachrichten die Oesterreicher wegen der letztern hiesigen Bataille aufgeschnitten und, teutsch zu sagen, gelogen haben. Das Publicum sollte wohl schon längst von den bei den wienerschen Nachrichten zur Gewohnheit gewordenen Prahlereien und erdichteten Unwahrheiten,227-2 und wie [man]227-3 dasselbe damit zu hintergehen suchet, desabusiret sein. Ihr könnet indess Staat machen, dass, was in gedachten Relationen geschrieben worden, die reine Wahrheit, und dass wir darin weder unsere Avantages vergrössert, noch unsere Pertes im geringsten diminuiret haben.227-4 Nach

 

guten und gewiss ohnverdächtigen Nachrichten von Standespersonen, so selbst bei der österreichischen Armee der Bataille mit beigewohnet haben,228-1 hat solche nur allein an Todten über 8000 Mann gehabt, und selbst vernünftige österreichische Officiers gestehen frei, wie sie ihres Ortes nicht sagen könnten, dass sie eine Bataille gewonnen, sondern nur, dass sie einen Sturm auf einen sehr starken Posten abgeschlagen und, nachdem demohnerachtet die Sachen sehr misslich vor sie ausgesehen, solchen Posten behauptet hätten. Ich stehe auch noch bis dato mit Meiner in zwei Corps getheileten Armee in Böhmen und hoffe, dass mit göttlicher Hülfe dasjenige, was vorhin achtmal nach einander geschehen,228-2 ob Mir gleich die letztere Attaque gefehlet hat, noch weiter geschehen kann, ohnerachtet sich das Daun'sche Corps d'armée mit der in Prag gestandenen Garnison conjungiret und letztere mehrentheils an sich gezogen hat. Welches alles Ich Euch zu Eurer Direction bekannt machen wollen. Ich bin Euer wohlaffectionirter König

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Königl. Hausarchiv zu Berlin.



227-1 Vergl. Nr. 9152. 9153.

227-2 Vergl. S. 108—110; Bd. XIII, 575; XIV, 304. 376.

227-3 In der Vorlage „es“ .

227-4 Vergl. S. 203.

228-1 Aus einem Privatschreiben Eichels an Podewils vom 8. Juli geht hervor, dass der Herzog von Württemberg gemeint ist,

228-2 Vergl. S. 175. 176.