9328. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT.337-5

Hauptquartier Naumburg, 9. September 1757.

Ich habe Euer Schreiben vom 3. dieses erhalten. Ich vermuthe gewiss, dass bei Einlaufung dieses Meines Schreibens an Euch der Euch zugesandte Obristlieutenant von Stutterheim bereits bei Euch angelanget sein, auch Euch schon Meine Antwort337-6 auf Euer Schreiben vom 1. dieses abgeliefert haben werde, dessen Einhalt Ich Euch denn nochmalen hiermit wiederholet haben will und bestens recommandire. Der Verlust des Major von Goltzen337-7 nebst anderen braven Officiers gehet Mir nahe, inzwischen, da es vor den Dienst des Vaterlandes und vor den Staat geschehen, so muss Ich Mich in dieser Absicht deshalb wieder consoliren, die Wiederbesetzung der vacanten Plätze Euch lediglich überlassen.337-8 Ich wünsche indess, dass es sich mit denen Blessirten und besonders mit dem Generallieutenant Graf Dohna,337-9 den Ihr alles Meines gnädigen Andenkens und Mitleidens versichern könnet, bald wiederum bessern möge, damit Ihr von ihm gute Assistance haben könnet.

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Da Ihr auch Verhaltungsbefehle von Mir verlanget, was auf alle Fälle zu thun sei, so ist Mir zwar, wie Ihr erachten werdet, schwer, solches von hier aus zu thun;338-1 Ich kann Euch auch darauf nicht anders sagen, als dass Ihr dorten festhalten und rechtschaffene Contenance gegen den Feind ohnerachtet seiner Supériorité conserviren müsset.

Euch mit Eurem Corps d'armée in Königsberg zu werfen, solches wäre so gut, als alles verloren; denn es nicht möglich ist, dass die Cavallerie zumalen dort subsistiren kann. Daher es allemal besser ist, auf gute Posten zu denken und solche zu nehmen, um dem Feind dadurch seine Desseins zu verrücken und zu decken, was Ihr könnet; wie es denn besser sein wird, noch eine Action zu hasardiren als Euch in Königsberg einschliessen zu lassen, da alles verloren sein würde. Wenn Ihr den Feind auf der Plaine bekommen könnet, und unsere Truppen ihm unter die Canons sein, so sehe Ich nicht, was Euch der Feind wird thun können, der nunmehro weiss und erfahren hat, was vor brave Leute er gegen sich hat, die von ihm in der Plaine allemal Meister sein werden; nur warne Ich Euch, dass Ihr Euch von ihm nicht gegen Königsberg einschliessen lasset, obschon Ihr Königsberg zu decken suchen müsset.

Was Mich anlanget, so werdet Ihr bereits durch den Grafen von Podewils erfahren haben, dass, nachdem Ich die Position der ganzen österreichschen Armee bei Zittau vor ganz inattaquable gefunden, inzwischen aber die Franzosen sowohl als die Reichstruppen in Sachsen eingerücket seind, Ich gegen die erstern338-2 den Herzog von Bevern mit einem süffisanten Corps d'armée stehen lassen, um sowohl die Lausnitz als Schlesien gegen selbige zu decken; Ich aber bin mit einem besonderen Corps hieher marschiret, um sowohl dem der Gegend Erfurt anmarschirten Corps Franzosen als denen Reichstruppen auf den Hals zu fallen und solche auseinander zu preschen. Wovon Ich Mir bis dato allen guten Success verspreche, zumalen sich solche noch nit zusammen combiniret haben. Alsdenn Ich Meine Mesures nehmen werde, um Meine Provinzien der Gegend der Elbe gegen feindliche Einfälle zu versichern. Ich werde Euch von dem Success weiter benachrichtigen.338-3

Friderich.

Nach dem Concept.



337-5 Nach dem Bericht, Lager bei Borchersdorf 13. September, befand sich Lehwaldt am 8. und 9. September auf dem Marsche von Paterswalde nach Borchersdorf.

337-6 Nr. 9323.

337-7 Vergl. S. 332.

337-8 Vergl. Bd. XIII, 37. 38.

337-9 Vergl. S. 332.

338-1 Vergl. S. 235. 252.

338-2 Die Oesterreicher. Vergl. S. 306.

338-3 In einem Erlass an Lehwaldt, d. d. Quartier Neumark 13. September, billigt der König das Festhalten eines von Warschau nach dem russischen Lager gehenden französischen Couriers.