9342. AN DEN GENERALLIEUTENANT PRINZ FERDINAND VON BRAUNSCHWEIG.353-3

Hauptquartier Kerspleben, bei Erfurt, 18. September 1757.

Durchlauchtiger Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ich habe Ew. Liebden Schreiben vom 17. dieses heute Nachmittag allhier zu erhalten das Vergnügen gehabt. So viel Ich aus dessen Einhalt ersehen, so ist die dortige Situation vor Dieselbe ganz avantageux, weil Ew. Liebden die Franzosen alle auseinander finden, so Deroselben viel Avantage machet, da Dieselbe die eparpillirte Corps eins nach dem andern auseinander und zurücktreiben können. Alsdann wird eine der ersten Attentionen von Ew. Liebden sein müssen, dass Dieselbe alles, was im Lande vorräthig ist, nach Magdeburg schicken und transportiren lassen.

Was die Hannoveraner für eine Neutralitätsconvention mit dem Duc de Richelieu geschlossen,353-4 davon seind Mir von guter Hand nachstehende Nachrichten zugekommen, nämlich dass:

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Erstens, die alliirte Armee auseinandergehet, und zwar jedes Corps in sein Land, woher es gekommen, und wird jedes Corps einen General an den Maréchal Duc de Richelieu schicken, um über die Marschrouten, Anzahl derer Divisions, wie sie marschiren sollen, deren Subsistance und Passeports, so der Maréchal ihnen accordiren wird, um nach ihren resp. Landen zu kommen, auch wie sie darin placiret und dispersiret werden sollen, zu conveniren.

Zweitens, das hannoversche Corps behält Stade, das Hadelner und Stedinger Land zu seinen Winterquartieren, ingleichen das Sachsen-Laueriburgische, so weit es jenseits der Elbe belegen, die französische Armee aber bleibet in dem Besitz aller übrigen Lande, sowohl des bremischen und verdenschen als der übrigen churbraunschweigischen und lüneburgischen, als der herzoglich braunschweigischen und hessenschen Landen, nach wie vor.

Drittens, muss die alliirte Armee sich bis zu einem Generalfrieden in nichts weiter meliren, sondern in einer steten Inaction in den ihnen angewiesenen Quartieren verbleiben.

Dieses seind die Hauptpunkte von der Convention, so viel Mir bisher davon bekannt geworden, und die Ich Ew. Liebden wegen deren Singularité nur beiläufig communiciren wollen.

Was sonsten noch Ew. Liebden besondere Attention meritiren wird, ist, dass Dieselbe Mir die Zeitungen und Nachrichten, so Sie wegen der Franzosen bekommen, communiciren, als welches Mir sehr nothwendig ist; dann wann die Franzosen en force auf Ew. Liebden kommen wollten, so werde Ich Mich genöthiget sehen, Deroselben zum Succurs dahin zu marschiren, jedoch verstehe Ich dieses nur alsdenn, wenn die ganze französische Armee auf Dieselben kommen wollte. Denn wenn es nur corpsweise wäre, so seind Ew. Liebden genugsam im Stande, solchen Tête zu bieten; allenfalls können Dieselben auf solchen Fall und wenn es nöthig, auch einige von den Regimentern in Magdeburg an Sich ziehen, als weswegen Ich an den Generallieutenant de La Motte354-1 und sonsten schreiben werde, und, mit diesen Regimentern verstärkt, dahin marschiren. Wenn es aber die ganze französische Armee wäre, so werde Ich gleich Meine Resolution nehmen und mit dem ganzen Corps, so Ich hier noch habe, dahin marschiren, um den Feind zu attaquiren und zu schlagen.

Es hat auch der Generallieutenant de La Motte bei Mir angefraget, an wen er jetzo die Pferde des Artillerietrains und der Proviantwagens und des mitgenommenen Feldcommissariats, welche die drei vorhin in Wesel gestandenen Regimenter354-2 mitgebracht, abliefern soll. Ich habe denselben darauf beschieden, dass Ew. Liebden zuvorderst davon nehmen könnten, was Dieselbe etwa gebrauchten, das übrige aber von dem Generalmajor von Retzow deponirt werden sollte.

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Uebrigens mache Ich Ew. Liebden hierdurch noch bekannt, dass Ich Mein erstes Bataillon Garde nach Magdeburg schicke und es auch dorten stehen lassen werde. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Il n'y a rien de nouveau ici; j'ai recogné les ennemis au delà des défilés d'Eisenach, et je les ai poursuivi moi-même jusqu'à Gotha. Adieu, mon cher.

Federic.

Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin. Der Zusatz eigenhändig.



353-3 Der Prinz datirt seine Berichte an den König am 17. aus Eisleben, am 18. aus Arnstadt, am 19. und 20. aus Dittfurth bei Quedlinburg.

353-4 Vergl. S. 346. Anm. 2.

354-1 Vergl. S. 237.

354-2 Vergl. S. 238. 280.