9352. AN DEN GENERALLIEUTENANT PRINZ FERDINAND VON BRAUNSCHWEIG.365-4

Quartier Kerspleben, 21. September 1757.

Durchlauchtiger Fürst, freundlich geliebter Vetter. Von Ew. Liebden habe Ich das Vergnügen gehabt, heute früh zwei Schreiben nach einander zu erhalten, als eines vom 19. dieses und eins mit dem Detail der in Egeln gemachten Kriegesgefangenen. So viel ersteres anbetrifft, da dienet Ew. Liebden in Antwort, wie dass die Partie, so Dieselben genommen zu haben darin melden, ganz gut ist und alle Meine Approbation hat.365-5 Wenn aber Ew. Liebden Sich zurückziehen müssen,<366> so würde es sehr gut und würde für uns interessant sein, wenn Dieselben den Truppen des Duc de Richelieu noch einen Coup de patte geben und auf einen [von] dessen Posten fallen könnten; wie Ich denn glaube, dass Ew. Liebden mit dem Duc d'Ayen und dessen Corps noch wohl fertig werden dürften, um solchen wegzujagen, da dann solches doch allemal einigen Anstand und Aufhalt in denen Operationen des Duc de Richelieu geben wird.

Ich hiesigen Ortes werde Mich auch in einigen Tagen nach der Saale zurückziehen und sehen, was alsdenn zu thun sein wird, und ob Ich den Leuten hier oder aber dem Duc de Richelieu zu Halse zu gehen habe, um zu suchen, solchem tüchtig das Leder auszuklopfen. Wenn Ich Mich aber nach der Seite von Ew. Liebden wenden müsste, so werden Dieselben von Selbst einsehen und Sich vorstellen, dass Ich noch Infanterie sowohl als Cavallerie nöthig habe, mithin dass es nöthig sein wird, dass Ew. Liebden entweder bei Meiner Annäherung zu Mir stossen, wo es sonst möglich sein wird, oder aber dass Dieselbe Sich gegen ein gutes Corps Franzosen souteniren, um solches en échec zu halten, damit wenigstens solches separiret bleiben müsse und nicht zu dem grossen Haufen stossen könne.

Ob Ich auch schon schwach bin, so habe Ich jedoch ferme resolviret, es sei nun dem Duc de Richelieu dort oder aber dem Feinde hier, welcher von ihnen Mir am nächsten kommen wird, auf den Hals zu gehen und solchen zu combattiren. Ich bin übrigens Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Dans notre Situation, il faut se persuader, mon cher, qu'un de nous en vaut quatre autres. Adieu.

Federic.

Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin. Der Zusatz eigenhändig.

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365-4 Vergl. S. 358. Anm. 1.

365-5 Prinz Ferdinand meldet, „Dittfurth, dichte bei Quedlinburg, 19. September 1757, zwischen 12 und 1 Uhr in der Nacht in grösster Eile“ , es seien 6000 Franzosen unter dem Herzoge von Ayen gegen Halberstadt auf dem Marsche. „Ich bin im Begriff, mit dem ganzen Corps mich bei Halberstadt zu setzen, um ihm, dem Feind, zu attaquiren, sobald ich nur Gelegenheit dazu finde. Der Maréchal de Richelieu will ganz zuverlässig als den 24. dieses mit einer Armee von 57 Bataillons und 72 Escadrons bei Halberstadt stehen. In diesem Fall werde mir genöthiget sehen, nach Magdeburg zu repliiren, und werde kaum die Zeit gewinnen, die nöthigen Vivres zum Magazin nach Magdeburg beitreiben zu können. Der Franzosen ihr Dessein soll sein, uns oberhalb und unterhalb die Elbe zu sperren und noch dieses Jahr Magdeburg zu bloquiren.“