9373. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN.386-1

Quartier Buttelstadt, 29. September 1757.

Durchlauchtiger Fürst, freundlich lieber Vetter. Ew. Liebden Schreiben vom 23. dieses habe Ich gestern allhier zu erhalten das Vergnügen gehabt, und da Dieselben von Dero bisherigem Mir nahe gegangenen Zufall386-2 nichts erwähnet haben, so nehme solches als eine gewisse Marque Dero völligen Besserung, worüber Mich besonders erfreuet habe und Demselben gratulire.

Was die von Ew. Liebden gemeldete Kosten wegen Glogau anbetrifft, da habe Ich an den Etatsminister von Schlabrendorff die positive Ordre gegeben, solche sogleich zu solchem Behuf zu übermachen. Wonach Dieselbe dann auch den Obristen von Lange386-3 und wegen alles übrigen weiter zu instruiren belieben werden.

Sonsten können Ew. Liebden Sich vorstellen, dass Mir freilich die dortige Umstände, so Dieselbe Mir in obgedachtem Dero Schreiben melden,386-4 nicht angenehm zu vernehmen gewesen sein, wie dann überhaupt die Nachrichten, so Ich zeither gehabt, Mir überall nicht anders als sehr unangenehm sein können, da Ich zwar des Prinzen Ferdinand<387> von Braunschweig Liebden nach dem Magdeburgschen detachiret habe, um sowohl die Provinz Magdeburg gegen die Franzosen zu decken als auch das Halberstädtsche von denen darin wirklich geschehenen Invasionen der Franzosen zu befreien, welches auch insoweit glücklich reussiret ist, da der Prinz alles, was von Franzosen [darin] befunden, wegund zurückgejaget, auch eine gute Anzahl von Gefangenen gemacht hat. Indessen ziehen sich dennoch die französische Truppen corpsweise wiederum in dem Braunschweigschen zusammen und machen Miene, oberwärts sowohl in das Magdeburgsche und Halberstädtsche einzufallen, als auch durch die Altmark sich mit einem Corps Schweden conjungiren zu wollen, um Magdeburg zu blokiren; worunter Ich dann, so viel Mir möglich, zu remediren und des Prinzen Ferdinand Liebden zu souteniren suchen werde. Indessen werde Ich auf alle Mittel bedacht sein, um nach Möglichkeit allem Uebel zu remediren, und da die Russen wider alles Vermuthen auf einmal, und zwar mit sehr präcipitirten Märschen, Preussen evacuiret haben, so werde Ich, obschon die Ursache dieser sehr schleunigen Retraite Mir noch nicht eigentlich bekannt, den Generalfeldmarschall von Lehwaldt mit seinem Corps herauskommen lassen,387-1 der jedoch vor Ausgang November nicht hier sein kann, und dann sehen, wo Ich solchen am besten werde gebrauchen können.

Uebrigens muss Ich Ew. Liebden eröffnen, wie Ich Meine Ursachen habe, warum Ich Mich von dem Generalmajor von Rebentisch sehr zu mefiiren anfange.387-2 Dieselbe werden also wohl thun, auf dessen Conduite auf alle Weise genau Acht zu haben, maassen Ich fast davor schwören wollte, dass er nicht ein heimlicher Espion von denen Oesterreichern sei, worauf Ew. Liebden Attention zu nehmen recommandire. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Friderich.

Die Oesterreicher wollen Neisse belagern;387-3 mir däucht, es ist zu spät im Jahr.

Friderich.

Nach der Ausfertigung. Der Zusatz eigenhändig.



386-1 Bevern datirt seine Berichte am 23. September aus dem Lager bei Liegnitz, am 1. October aus dem Lager bei Pöpelwitz; am 29. September hatte er nach dem letzteren Bericht das Lager bei Mondschutz inne.

386-2 Vergl. S. 349.

386-3 Vergl. Bd. XIII, 166.

386-4 Der Herzog von Bevern meldet, Lager bei Liegnitz 23. September, er sei am 18. und 19. von Bunzlau nach Liegnitz marschirt; Nadasdy und die grosse Armee des Feindes seien ihm gefolgt und ständen zwischen Jauer und Striegau. „Bei diesen Umständen, da der Feind nur allezeit nach Schweidnitz vorgewesen, habe mich entschlossen, so lange hier zu verbleiben, bis ich sehe, dass der Feind Schweidnitz wirklich einschliesset und zu belagern anfanget, indem ich sonsten risquire, nicht allein das hiesige considerable Magazin von Rauhfutter dem Feinde, woran er Mangel leidet, in die Hände zu lassen, auch Gefahr zu laufen, von ganz Niederschlesien coupiret zu werden. Sollte nun der Feind wirklich Schweidnitz einschliessen und belagern, so muss sehen, auf was Weise ihnen anzukommen stehet, um den Platz zu succuriren, welches jedoch bei dessen starken Superiorität nicht ohne viele Difficulté sein wird.“ Der Herzog fügt hinzu, dass in Oberschlesien beträchtliche feindliche Truppenmassen erschienen seien.

387-1 Vergl. Nr. 9372.

387-2 Rebentisch war aus österreichischen in preussische Dienste übergetreten. Vergl. Bd. XIV, 69. 203.

387-3 Mit einem Cabinetserlass, d. d. Buttelstädt 30. September, übersendet der König dem Herzoge die aus Wien stammenden Nachrichten über die Pläne der Oesterreicher gegen Neisse.