9406. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN.412-1

Buttstädt, 10. October 1757.

Ew. Liebden Schreiben vom 26. voriges ist das letztere gewesen, so Ich zeither von Deroselben erhalten, als Mir heute früh dasjenige zugekommen, so Dieselbe vom 1. dieses an Mich erlassen haben, und bin Ich sonsten von dem Einhalt dessen sehr wohl zufrieden gewesen. Ich vernehme aber zugleich mit der grössesten Befremdung und Consternation durch ein unter dem 3. dieses aus Breslau erhaltenes Schreiben,412-2 als ob Ew. Liebden auf einem mit Dero Generalität gehaltenen Kriegesconseil nach denen mehristen Stimmen die Partie genommen haben sollen, Sich durch Breslau jenseits der Oder und bis gegen Glogau zu ziehen, mithin dem Feinde ganz Schlesien nebst Breslau gleichsam zu abandonniren. Ew. Liebden werden Selbst erachten, wie sehr Mich diese präcipitirte und timide Resolution surpreniren müssen. Ist solche, wie Ich glaube, aus dem Conseil derer mehristen Generals hergekommen, so wissen Ew. Liebden Selbst, wie sehr und öfters Ich Deroselben verboten habe, keinen Conseil noch Kriegesrath mit denen Generals zu halten, sondern vor Sich zu agiren, nicht mit denen Generals zu concertiren, wohl aber sie im Dienst zu gebrauchen und sie zu ihrem Devoir und zu Befolgung Dero Ordres scharf anzuhalten. Ich desapprobire also platt und absolut den gefasseten Schluss, sich durch Breslau zu ziehen, jenseits der Oder zu marschiren und nach Glogau gehen zu wollen, und befehle hierdurch, dass, wenn auch zum Unglück Ew. Liebden den höchst fatalen und vor Mich und Meinen Dienst ohnverantwortlichen Schluss des Kriegesrath executiret haben sollten, dass Dieselbe sogleich nach Empfang Meiner Ordre wieder über die Oder zurückgehen und absolument Breslau decken sollen. Wowider Ich dann auch keine Schwierigkeit noch Contradiction erwarten will.

Im übrigen werde Ich alles thun, um Selbst Ew. Liebden zu helfen und zu Hülfe zu eilen, und wo Ich nur auf der Welt kann, werde Ich suchen, Deroselben zum Faveur eine Diversion in der Lausnitz gegen die Oesterreicher zu machen; nur müssen Meine dortige unter Sie stehende Generals nicht solche Sottisen begehen und sich einkommen lassen, als wodurch alles übern Haufen gehen würde; gestalten Ich<413> Mir noch express vorbehalte, diejenigen von denen dortigen Generals, so bei dem Kriegesräth von so timiden und verderblichen Conseils die Ursach gewesen, vor das Kriegesrecht stellen und nach der Rigueur über sie sprechen zu lassen. Ich bin auch versichert, dass Ew. Liebden alle pernicieusen Suiten davon bei weiterem Nachdenken wohl einsehen, im übrigen Meine positive Ordre, diesen grossen Fehler gleich zu redressiren, befolgen und keine weitere Consultations oder Kriegesrath halten werden.

Ich hoffe, Ew. Liebden werden Meine Schreiben vom 26., 29. und 30.413-1 voriges erhalten haben.

Friderich.

Nach dem Concept.



412-1 Der Herzog von Bevern datirt seine Berichte während des October aus dem „Lager bei Pöpelwitz“ (Dorf Ml. nw. von Breslau).

412-2 Immediatbericht des Ministers von Schlabrendorff, d. d. Breslau 3. October.

413-1 Vergl. S. 378. Anm. 2. Nr. 9373 und S. 387. Anm. 3.