9440. AN DEN GENERAL DER INFANTERIE PRINZ MORITZ VON ANHALT-DESSAU.

Annaburg, 19. October 1757.

Durchlauchtiger Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ew. Liebden Schreiben vom 18. dieses439-1 habe Ich heute auf dem Marsch hieher erhalten, worauf Deroselben in Antwort dienet, wie Dieselbe völlig Recht haben, dass bei denen mit Berlin vorgewesenen Umständen es nicht anders sein können, als dass Dero unterhabendes Corps durch acht Märsche nach einander fatiguiret werden müssen, und dass selbige etwas Ruhe darauf nöthig gehabt haben. Da inzwischen nach Ew. Liebden Schreiben der Feind sich schon vor Dero Ankunft wiederum zurückzuziehen angefangen, so werde Ich auch auf solche Nachricht, und da mithin kein Feind mehr da ist, nicht dorthin zu Ew. Liebden marschiren, sondern was Ich werde thun können, wird sein, dem von dort zurückmarschirenden Feind und dem General Hadik aufzupassen und solchen zu coupiren, woferne sonst Ew. Liebden und die Husaren noch hinter ihm und er sich nicht verstärken können; denn wenn solches nicht wäre, so bin Ich zu schwach. Ich hätte wohl gewünschet, dass Ew. Liebden dem zurückmarschirenden Feind beständig in den Hessen,439-2 den Feind verfolgen und solchen, so zu sagen, nicht aus den Augen lassen können; noch begreife aber auch wohl, dass sich die Truppen etwas ausruhen müssen; nunmehro und sobald letztere sich ausgeruhet, haben Ew. Liebden Dero Marsch gegen Baruth zu nehmen. Wenn von dem Feinde noch was bei Potsdam herumschwärmen sollte, so werden Ew. Liebden dasjenige, so sich noch da herumtreibet, wohl wegbringen, nämlich etwas hinschicken, solches aufsuchen und wegjagen lassen.

Was zu der berlinschen Garnison gehöret, wird wohl wieder in Berlin hiernächst bleiben müssen, weil Ich dem Generallieutenant von Rochow befohlen habe, nunmehro und wenn Ew. Liebden mit dem<440> Corps wieder abmarschiret sein werden, Berlin absolument mit seiner Garnison zu mainteniren und gegen alle feindliche Anfälle zu decken und zu behaupten; zu welchem Ende ihm alle andere Hinderungen aus dem Wege räumen und dem Etatsminister Grafen von Finckenstein schreiben werde,440-1 dass die ganze königliche Familie nur von Spandau ab gerades Weges nach Magdeburg abgehen und allda vorerst bleiben soll; wozu denn auch jetzo keine grössere Escorte als von ohngefähr 300 Mann nöthig sein wird, um sie sicher dahin zu transportiren.

Dass die Schweden die Entreprise haben sollten, sich mit Hadik zu conjungiren, davor brauchen Ew. Liebden gar nicht besorget zu sein, weil, ausser andern Ursachen, der letztere bange werden muss, dass Ich ihn hier coupire; daher dann auch Dieselbe sehen werden, dass er so geschwinde zurückmarschiren wird, als wie er gekommen ist. Ich bin Ew. Liebden freund williger Vetter

Mit dem Zurückejagen des Hadik's hat meine Campagne noch kein Ende nicht; das Gezaudere wird bis im December dauren, und ich muss anjetzo bedacht seind, die Oesterreicher aus Schlesien zu jagen und dem Marschall eins anzuhängen;440-2 indessen kommt Lehwaldt, der in Pommern und anderwärts auch aufräumen wird.440-3

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst. Der Zusatz eigenhändig.



439-1 Vergl. S. 435. Anm. 3.

439-2 Die Hesse soviel als Kniebug.

440-1 Vergl. Nr. 9443.

440-2 Aus Torgau schreibt der König am 19. October an Finck in Dresden: „Ich gedenke, wenn wir zuvorderst mit dem auf Berlin marschirten General Hadik fertig sein werden, alsdenn alle die anderen Herrn auch alle aus der Nachbarschaft zu vertreiben.“

440-3 Vergl. S. 424.