<304> auf ihre Retirade werden denken müssen. Die Winterquartiere in Pommern zu nehmen, daran wird der General Fermor wohl nicht denken. Unterdessen ist die Menge der Feinde unser grösstes Uebel. Da aber die Türken sich bewegen, so ist zu glauben, dass künftiges Jahr sich alles ändern wird. Ihr könnet übrigens gewiss glauben, dass die russische Kaiserin Rekruten zur Fermor'schen Armee abzuschicken verboten habe, und lässet es auch die Saison nicht mehr zu, ihm einen Succurs zu schicken.

Seid versichert, dass Ich hier alles möglichste thue, um Mich vom Feinde zu debarrassiren und Euch nachher soulagiren zu können; jedoch kann Ich darunter nichts präcipitiren, um so weniger, [da], wann uns hier ein Unglück zustösse, die ganze Boutique über den Haufen gehen würde.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin.


10420. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.

Dresden, 14. October 1758.

Eichel übersendet Briefschaften an den Minister zur weiteren Besorgung.

Was sonsten in denen hiesigen Gegenden sowohl bei Sr. Königl. Majestät Armee als bei der von des Prinzen Heinrich Hoheit vorgefallen und mir von guten Freunden geschrieben worden, davon lege ich zu einiger Information von Ew. Excellenz beiliegende Extracte1 hierbei, daraus aber, falls Dieselbe vor nöthig finden, dem Publico was davon bekannt zu machen, nur das nöthige zu nehmen ganz gehorsamst bitte, damit meine Herren Correspondenten nicht etwa glauben möchten, als ob ich Dero Briefe publici juris machete.

Bei dem hiesigen sächsischen jungen Hofe soll man Nachricht haben wollen, wie mir von ganz vertrauter Hand gesaget worden, als ob zu Wien eine grosse Fermentation unter dem dortigen Ministerio sein soll, sogar dass man zu wissen prätendiret, als ob der bekannte Minister Graf Haugwitz arretiret worden sei. Dass durch das Lamentiren der Feldmarschalln Gräfin Daun, so eine Tochter der verstorbenen Favoritin der Kaiserin, nämlich der Gräfin Füchsin2 ist, und vor die die Kaiserin viel Gnade und Freundschaft hat, und auf deren fussfälliges Bitten, ihren Mann den Feldmarschall Daun nicht denen Verfolgungen



1 Die Extracte liegen nicht mehr bei. Es sind aber sicherlich die beiden Stücke (Geh. Staats-Arch. Rep. 63. 85. Oesterreich): Extract eines Schreibens ans dem königlichen Hauptquartier Rodewitz 11. October; und: Aus dem Lager des Prinzen Heinrich, Gamig 13. October. Mittheilungen aus dem erstgenannten Stücke befinden sich in den „Berlinischen Nachrichten“ von Dienstag 17. October (Nr. 124).

2 Gräfin Marie Karoline von Fuchs geb. Gräfin von Mollart; ihre Tochter Josepha war in zweiter Ehe mit dem Feldmarschall Daun vermählt. Vergl. Arneth, Maria Theresia Bd. IV, S. 148. 149.