12931. AN DEN GEHEIMEN COMMERZIENRATH VON REXIN IN KONSTANTINOPEL.

Kunzendorf, 3. Juni 1761.

Ihr empfanget nunmehro hierbei sowohl das von Mir vollenzogene Ratificationsinstrument als die sonst deshalb erforderliche Schreiben,435-3 und beziehe Ich Mich auf den Einhalt derer Instructionen, so Mein Minister Finckenstein apart beigefüget hat. Alles dieses ist an sich ganz gut, richtet aber vor uns jetzo nichts aus, woferne wir nicht, wie Ich Euch in Meinem vorigen vom 20. Mai435-4 geschrieben, baldigst reelle Hülfe bekommen.

Sehet Ihr es vor ganz ohnmöglich an, die Türken zu einer reellen Diversion in diesem Jahre, etwa im Monate Julii, zu bringen, so bearbeitet Euch alleräussersten Fleisses, dass sie wenigstens an denen beiden kaiserlichen Höfen die Declaration thun lassen, wie Ich Euch schon geschrieben, dass die Pforte nicht mit indifferenten Augen ansehen könnte, dass man Mir so schwer fallen wolle, und dass vermöge der zwischen ihr und Mir geschlossenen Freundschaftsalliance sie nicht zugeben könnte, wenn man Mich unterdrücken und Meiner Länder depouilliren wollte. Wenn dergleichen Declaration mit einer Bewegung oder Zusammenziehung von beträchtlichen Corps türkischer Truppen begleitet wird, so kann Mir solches eine nützliche Diversion geben, durch die Jalousie und Unruhe, so Meine Feinde darüber bekommen müssten. Die Mittel zu reussiren habt Ihr in Händen. Souteniret insonderheit von Eurer Seite, was Ihr selbst wegen des<436> Tartarchan auf Einrathen eines türkischen Ministers vorgeschlagen habet;436-1 Meine letztere Dépêche wird Euch gezeiget haben, wie Ich hiesigerseits dazu gethan. Dieses wäre vorerst das prompteste efficace Mittel Mir zu helfen.

Wie Ich Euch schon geschrieben, so ist Meine Situation critique. Ich habe hier Laudon vor Mir, Daun und die Russen werden dazukommen, so drei Armeen machen, denen Ich zwei entgegensetzen kann. In Sachsen hat Mein Bruder Heinrich eine österreichsche und die Reichsarmee vor sich, und in Hinterpommern wollen die Russen mit einem aparten Corps, von ihrer Flotte souteniret, auf Colberg gehen, denen Ich den Prinz Eugen von Württemberg entgegensetze; anderer Umstände nicht zu gedenken. Auf einen Frieden ist gar nicht zu rechnen; die feindliche Höfe seind zu trotzig, davon hören zu wollen, wie sehr sie sich auch deshalb bei dem Public verstellen.436-2

Friderich.

Nach dem Concept.



435-3 Vergl. S. 433.

435-4 Nr. 12894.

436-1 Vergl. Nr. 12894.

436-2 An den Gesandten Hellen schreibt der König, Kunzendorf 3. Juni: „Je ne saurais croire que la cour de Vienne soit tellement intriguée que vous le dites des affaires de Turquie, puisqu'en ce cas elle ne laisserait de faire des démonstrations plus réelles, en prenant des arrangements en conséquence, qu'elle paraît négliger jusqu'à présent.“