1452. AN DEN GENERAL VON DOSSOW IN WESEL.

Pyrmont, 28. Mai 1744.

Da Mir von Embden aus der Bericht zugekommen, wie dass der Fürst von Ostfriesland am 25. d. mit Tode abgegangen ist, durch welches Absterben dann Mir das ganze Fürstenthum Ostfriesland kraft der An-. wartung, so Mein Haus seit vielen Jahren darauf gehabt, rechtlich zugefallen, so ist zwar Mein zu Embden residirender Rath Homfeld sowohl als der Major von Kalckreuth daselbst bereits autorisiret, bevollmächtiget und beordert worden,153-1 bei entstehendem Ableben des Fürsten wegen der Possessions-Ergreifung dieses Fürstenthums das erforderliche in Meinem Namen vorzunehmen, womit dieselben, dem Bericht nach, den Anfang würklich gemachet haben ; wann aber die zu Embden stehende Garnisonscompagnie nicht suffisant ist, alle in dergleichen Gelegenheiten vorfallende Umstände zu souteniren, so habe Ich resolviret und befehle hiedurch, dass Ihr den Obristen Grafen zu Wied, Dohnaschen Regiments, mit einem hiernächst zu benennenden Commando, halb vom Dohnaschen und halb vom Riedeselschen Regiment, in Meinem Namen beordern sollet, auf das fordersamste von Wesel aufzubrechen und den geradesten und kurzesten Weg nach Ostfriesland, so geschwinde als es nur mit Conservation der Leute geschehen kann, zu marschiren. Gedachter Obrister Graf von Wied, als dessen besondere Vernunft, Geschicklichkeit und gute Eigenschaften Mir zur Genüge bekannt sind und worauf Ich Mich in dieser Commission völlig reposire, soll das völlige Commando über dieses Detachement haben, welches letztere bestehen soll aus einem Major, 4 Capitains, 12 Subaltern-, 40 Unter-Officiers, 10 Tambours und 400 Gemeinen, als 200 von Dohna und 200 von Riedesel. Zu denen dazu zu commandirenden Officiers sollet Ihr keine andern als posée, tüchtige und vernünftige Leute nehmen, auf deren Conduite man sich verlassen kann; wie Ihr dann auch wegen der Unterofficiers und Gemeinen einen guten Choix machen müsset. Da mehrgedachter Obrister <154>mit seinem Commando nothwendig durch das münstersche Territorium passiren muss, um nach Ostfriesland zu kommen, so sollet Ihr nicht nur sogleich an die münstersche Regierung die erforderliche Requisitoriales wegen des freien und ohnschädlichen Durchmarsches durch das Münstersche par Estafette ergehen lassen, sondern auch sodann dem Churfurstlich Cölnischen Premierminister Grafen von Hohenzollern die erforderliche Notification davon auf das höflichste thun, inzwischen das Commando seinen Marsch nur immer gerade fortsetzen soll, welches Ihr dann schon, wenn deshalb etwa Bewegungen gemachet werden sollten, wegen der in diesem Cas vorwaltenden und pressanten Umstände, auf das beste zu entschuldigen wissen werdet.

Ihr sollet den Obristen Grafen zu Wied instruiren und in Meinem Namen wohl einbinden, dass er auf dem ganzen Marsch, besonders im Münsterschen, sowohl, als wann derselbe in Ostfriesland gekommen sein wird, sehr genaue und exacte Ordre und Disciplin halte, durchaus keine Excesse, Thätlichkeiten, Brutalitäten oder Gewaltsamkeiten gestatte, und wann ja dergleichen geschehen sollten, alsofort redressire, wie dann auch im Münsterschen, so wenig als im Ostfriesländischen keine Werbung noch gewaltsame Wegnehmung der Leute statuiret werden muss, vielmehr soll das Commando ausser dem freien Quartiere nichts prätendiren, sondern vor sein eigen Geld leben, und überhaupt gegen jedermann ein gutes Comportement haben. Die zu solchem Marsch erforderlichen Kosten, sammt der Löhnung auf einen ganzen Monat, sollet Ihr dem Obristen Grafen von Wied mitgeben und solche allenfalls aus einer der dortigen Cassen vorschussweise nehmen. Ein jeder Mann muss mit denen gehörigen scharfen Patronen versehen werden; was etwa an Vorspann zu diesem Commando erfordert werden dürfe, sollet Ihr vom Lande nehmen, wie Ihr dann auch dem Commando das gewöhnliche Brod auf einige Tage mitgeben könnet; ausserdem aber, und wenn das Commando im Ostfriesischen sein wird, muss dem Commando das völlige Tractament sonder Abzug übermachet und bezahlet werden.

Ihr sollet ferner den Obristen Grafen zu Wied wegen seines Verhaltens im Ostfriesischen in Meinem Namen dahin instruiren, dass sobald er mit seinem Commando dorten angekommen sein wird, er dem Rath Homfeld zu Embden durch eine expresse Estafette davon benachrichtigen soll. Er muss sodann seinen Weg nach Embden, ohne sich davon viel merken zu lassen, gerade fortsetzen; bevor er aber sich der Stadt Embden nähert, mit gedachtem von Homfeld und dem Major von Kalckreuth concertiren und wohl uberlegen, ob, wie und welcher Gestalt er sich und sein Commando der Stadt Embden nähern und in solche einmarschiren konne, dass er deshalb von der in gedachter Stadt liegenden holländischen Garnison keine Opposition finde, sondern wann es auch auf eine gewisse Art von Surprise geschehen sollte, jedoch sonder die geringste Thätlichkeit zu gebrauchen, in die Stadt komme, unter dem Prätext, wie es nur einig und allein geschähe, um die dortige <155>preussische Garnison zu verstärken. Sollte wider Vermuthen die holländische Garnison, ehe er nebst seinem Commando auf eine gute Art in die Stadt gekommen, Opposition machen, und es zu wirklichen Thätlichkeiten zu kommen anscheinen, so muss er Hait machen und sich mit seinem Commando bis auf nähere Ordre in die dort nächst herum belegene Städte oder so viel nur immer möglich geschlossene Oerter verlegen, wie er dann über alles vorstehende sich vorher mit dem Rath Homfeld und Major Kalckreuth jedesmal wohl concertiren, und, da diese die dortige eigentliche Umstände am besten kennen, vorerst selbigen folgen muss. Sollte er mit seinem Commando vorgedachtermassen in die Stadt Embden kommen, muss er sich gleichfalls wegen Einquartierung der Leute darnach richten, was ihm der p. von Kalkreuth und Homfeld deshalb an die Hand geben werden, allermassen diese ganze Sache mit aller Klugheit und Moderation tractiret werden muss. Mit der holländischen Garnison soll er und sein Commando sich durchaus nicht committiren, auch seinen Leuten wohl einbinden, dass sie zu Querelles oder Zank nicht die geringste Gelegenheit geben, wie er dann überall alles vermeiden soll, was zu Disputen und Weitläuftigkeiten Gelegenheit geben könnte. Wofern der Homfeld nothig finden sollte, dass hie oder da auf dem Lande etwa main forte geleistet werden müsste, hat der Obriste Graf von Wied solches, jedoch unter gehöriger Vorsicht, nicht zu refusiren, dabei aber, so viel menschenmöglich, von allen Thätlichkeiten zu abstrahiren. Sollte er aber wider Vermuthen gewaltthätig angegriffen werden wollen, so hat er Gewalt mit Gewalt abzutreiben und darunter dasjenige zu thun, was die Ehre der preussischen Waffen erfordert, wiewohl er sich in allen Fällen nur défensivement zu verhalten hat und ohne wichtige Ursachen es zu keinen Thätlichkeiten kommen lassen muss. Ihr habt Euch nach allen vorstehenden wohl zu achten, und Ich bin etc.

Friderich.

Die Truppen vom Prinzen von Frise behalte ich alle in meinem Dienst, und sollen sofort beeidiget werden ; die schönsten Leute soll der p. Neuwied wohl in Acht nehmen, damit sie nicht wegkommen und ich sie bekommen kann; die Dänen soll der p. Neuwied mit einer guten Manier depossediren und sagen, ich wollte sie nicht länger dorten leiden. Es bleibet derowegen doch bei dem Marsch der Grenadiers nach Minden.

P. S.

Wie Ihr aus Meinem eigenhändigen P. S. ersehen werdet, ist Meine Intention, dass, da der verstorbene Fürst von Ostfriesland eine Garde von 3 à 4 Compagnien gehabt haben soll, Ihr den Obristen Grafen zu Wied beordern sollet, sothanen Truppen zu declariren, dass Ich sie in Meinem Dienst behalten wollte, weshalb er dann auch selbige sogleich in Meine Eides Pflichte nehmen und Mir schwören lassen soll. Wann <156>derselbe die verwittibte Fürstin zu sehen Gelegenheit haben sollte, hat er sich gegen solche, in so weit selbige nichts wider Mein Interesse verlanget, auf das polieste zu betragen und wo möglich ihr auf eine gute Art zu insinuiren, dass wenn sie resolviren wollte, ihr Douaire in Berlin zu nehmen, ihr solches nicht nur gerne erlaubet seie, sondern derselben auch das Séjour daselbst auf alle nur mögliche Weise angenehm zu machen von Mir gesuchet werden würde.

Da auch noch dänische, wiewohl in geringer Anzahl bestehende Truppen sich anjetzo in Ostfriesland befinden, unter dem Prätext, als ob solche einige vermeintliche Jura vor den König von Dänemark daselbst souteniren sollten, so hat der Obriste Graf von Wied sich zuvor deshalb bei dem Homfeld zu informiren, demnächst aber seine Veranstaltungen dergestalt zu machen, dass er solche danische Commandos, ehe sie sich dessen versehen, mit guter Art surprenire, ihnen darauf bekannt mache, wie Ich, nachdem Mir das Fürstenthum Ostfriesland rechtlicher Weise zugefallen, solche dorten länger zu dulden nicht gemeinet wäre, und selbige darauf mit guter Art nach dem Oldenburgischen oder Delmenhorstischen zurück zu schicken. Da auch Mein in Holland subsistirender Gesandter, der Graf von Podewils, nächstens von hier über Wesel nach dem Haag zurückgehen wird, so ist derselbe von Mir befehliget worden, Euch noch über ein und anderes dieser ostfriesischen Angelegenheiten halber zu sprechen, weshalb ihr dann die Veranstaltung zu machen habet, dass solcher bei seiner Ankunft zu Wesel sogleich einpassiren und Euch sprechen könne.

Es gehet derselbe morgen früh von hier ab; von dieser Meiner Instruction sollet Ihr sonsten niemanden auf der Welt als nur allein dem Obristen von Wied etwas sagen noch bekannt machen, auch denselben zu seiner Verhaltung eine Abschrift davon nehmen lassen.

Wegen Verhütung der Desertion bei seinem Commando muss er alle diensame Mesures nehmen, auch zu dem Ende seine Leute so viel möglich zusammen legen, auch die Officiers auf deren Conduite und Wirthschaft wohl Acht haben lassen. Ich bin etc.

Friderich.

Ich muss durch Expresse Nachricht haben, wie alles zugehet.

Nach Abschrift der Cabinetskanzlei.



153-1 Vergl. Bd. I, 2.