<134> liefen die verschiedenen Zügel der Regierung alle in seiner Hand zusammen: sein Kabinett war der Mittelpunkt, von dem aus er Finanzen, Kriegswesen, Flotte und auswärtige Politik leitete; er gab wenigstens die gemeinsame Richtung und das Ziel an. Nach seinem Tode wollte der König selbst mit den Ministern, die an der Spitze dieser vier Verwaltungszweige standen, arbeiten. Sein Eifer erlosch aber schon nach acht Tagen, und Frankreich wurde von vier, voneinander unabhängigen Unterkönigen regiert.

Diese Ressortherrschaft kam über die Einzelheiten der Verwaltung nicht hinaus. Die allgemeinen Gesichtspunkte, die das Staatswohl und Staatsinteresse einheitlich zusammenfassen, fehlten im Staatsrate. Man sehe sich die Zusammensetzung dieses Ministeriums an, und man wird sich ein Bild seines Wirkens machen können. Da war ein Kanzler des Herzogs von Orleans1, ein mit Rechtsgelahrtheit vollgepfropfter Kopf, Kriegsminister zu einer Zeit, da ganz Europa in Flammen stand, und ein früherer Dragonerhauptmann namens Orry stand an der Spitze der Finanzen. Maurepas wähnte Ludwig XV. zum Beherrscher des Meeres machen zu können, und der König wäre es auch geworden, hätten die Worte eines liebenswürdigen Mannes dieses Wunder wirken können. Amelot2 gehörte zu jenen Geistern, die so kurzsichtig sind, daß sie die Dinge nicht einmal in der Nähe unterscheiden können. Dieser Areopag also regierte. Frankreich war eigentlich eine Aristokratie3 geworden. Es fuhr ohne Kompaß auf stürmischem Meere und befolgte kein anderes System, als sich vom Winde treiben zu lassen.

Die neue Regierung hatte kein Waffenglück. Das Heer von Maillebois, das zu den Bayern gestoßen war, stand zwar noch an der österreichischen Grenze. Aber Fürst Lobkowitz hielt mit seinen 16 000 Ungarn den Marschall Belle-Isle noch immer mit 16 000 Franzosen in Prag eingeschlossen. Belle-Isles Heer bestand fast ganz aus Infanterie, das österreichische aus Reiterei. Diese Lage paßte d'Argenson nicht. War es Ungeduld, war es Laune oder Leichtsinn: der Narr sandte an Marschall Belle-Isle den Befehl, Prag zu räumen. Die Weisung war leichter gegeben als ausgeführt. Belle-Isle traf die entsprechenden Anordnungen. Am 16. Dezember abends, bei starkem Froste, ließ er die Besatzung ausmarschieren. Er kam dem Fürsten Lobkowitz um drei Tagemärsche zuvor, schlug einen beschwerlichen Weg ein, wo die feindliche Kavallerie ihm wenig anhaben konnte, zog längs der Eger weiter und langte am zehnten Marschtage in der Stadt Eger an. Viertausend Mann kamen bei den Gewaltmärschen durch Hunger und Frost um. Das zerrüttete, auf 8 000 Streiter zusammengeschmolzene Heer wurde geteilt. Was noch dienstfähig war, stieß zu Maillebois in Bayern, und die völlig dezimierten Truppenteile wurden nach dem Elsaß geschickt, um sich zu ergänzen.


1 Marc Peter de Voyer de Paulmy, Graf d'Argenson.

2 Amelot wurde Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten.

3 In der Fassung von 1746 spricht der König geradezu von einer Entartung der monarchischen Regierung Frankreichs zu einer Republik.