<32>fangenen Obreskow in Freiheit zu setzen. Seine Freilassung hatte die Zarin als Vorbedingung gefordert, ehe sie das geringste von einer Unterhandlung hören wollte.
Obwohl alle Höfe in Tätigkeit waren, zog die Langsamkeit und Unentschlossenheit der Russen den Abschluß des Teilungsvertrages in die Länge. Die Unterhandlung stieß sich vor allem am Besitz der Stadt Danzig. Die Russen behaupteten, die Unabhängigkeit dieser kleinen Republik garantiert zu haben. Eigentlich aber waren es die Engländer, die aus Eifersucht auf Preußen die Freiheit der Seestadt beschützten und die Zarin antrieben, dem Verlangen des Königs von Preußen nicht nachzugeben. Trotzdem mußte ein Entschluß gefaßt werden, und da es auf der Hand lag, daß der Besitzer der Weichsel und des Danziger Hafens die Stadt mit der Zeit in seine Gewalt bekommen würde, hielt man es nicht für geraten, eine so wichtige Unterhandlung wegen eines bloß aufgeschobenen Vorteils aufzuhalten; mithin ließ der König seinen Anspruch fallen.
Nach vielem Hin und Her traf endlich das Ultimatum des Petersburger Hofes ein1. Die Russen bestanden immer noch auf ansehnlichen Hilfstruppen, die sie im Fall einer österreichischen Kriegserklärung von den Preußen verlangten. Diese Ungleichheiten waren zwar sehr anstößig und das Mißverhältnis zwischen den Hilfeleistungen, die zwei Bundesgenossen einander schulden, recht groß. Da man aber wußte, daß die Kaiserin-Königin jetzt in günstigerer und friedlicherer Stimmung war denn je zuvor, so ließ man diese Erwägungen beiseite, da sie keine Bedeutung mehr hatten. Man schloß einen Vertrag, der nun vorteilhaft wurde, und versprach den Russen die hilfstruppen, die fortan nicht mehr in Frage kommen konnten.
Nach Beseitigung so vieler Hindernisse ward die geheime Konvention endlich in Petersburg unterzeichnet2. Die preußischen Erwerbungen waren die bereits bezeichneten, mit Ausnahme der Städte Danzig und Thorn und ihres Gebietes. Durch diese Teilung erhielt Rußland in Polen einen beträchtlichen Streifen längs seiner alten Grenzen von der Dwina bis zum Dnjester. Der Termin der Besitzergreifung ward auf den Juni festgesetzt. Ferner verabredete man, die KaiserinKönigin einzuladen, sich den beiden kontrahierenden Mächten zum Zwecke der Teilung anzuschließen. Rußland und Preußen garantierten sich gegenseitig ihre Erwerbungen und versprachen beim Warschauer Reichstag vereint dahin zu wirken, die Zustimmung der Republik zu so vielen Abtretungen zu erhalten. Außerdem versprach der König in einem Geheimartikel, 20 000 Mann nach Polen zu schicken, die sich, im Fall der Krieg allgemein würde, mit den Russen vereinigen sollten. Ferner verpflichtete er sich zur offenen Kriegserklärung gegen Österreich, falls dies Hilfskorps nicht auch reichte. Auch kam man überein, daß die Zahlung der preußischen Subsidien aufhören sollte, sobald das Hilfskorps zur russischen Armee stieße. Ein anderer Artikel
1 Von Solms am 6. Dezember 1771 Versandt.
2 Der Vertrag wurde am 17. Februar 1772 unterzeichnet, jedoch auf den 15. Januar zurückdatiert.