<57> Lande hatte sich die Bevölkerung um 500 000 Seelen gegenüber dem Jahre 1756 vermindert, was bei 4½ Millionen Seelen viel bedeutet. Adel und Bauern waren von so vielen verschiedenen Heeren ausgeplündert, gebrandschatzt und ausfouragiert, daß ihnen nur das nackte Leben blieb und elende Lumpen, um ihre Blöße zu bedecken. Kein Kredit zur Befriedigung der alltäglichsten Bedürfnisse, die die Natur erheischt; keine Polizei mehr in den Städten; statt des Rechts- und Ordnungssinnes nur noch schnöder Eigennutz und zügellose Anarchie. Die Gerichte und Finanzbehörden waren durch die häufigen Einfälle so vieler Feinde außer Tätigkeit gesetzt; das Verstummen der Gesetze zeitigte im Volke die Neigung zur Zuchtlosigkeit, und so entstand zügellose Gewinnsucht. Der Edelmann, der Kaufmann, der Pächter, der Arbeiter, der Fabrikant, alle erhöhten um die Wette den Preis ihrer Lebensmittel und Waren und schienen nur auf ihr gegenseitiges Verderben hinzuarbeiten. Das war der düstere Anblick, den so viele einst blühende Provinzen nach Beendigung des Krieges boten. So ergreifend auch die Schilderung davon sein mag, sie wird nie an den erschütternden und schmerzlichen Eindruck heranreichen, den der Anblick gewährte.

In einer so beklagenswerten Lage mußte man dem Mißgeschick mutig entgegentreten, am Staate nicht verzweifeln, sondern sich vornehmen, ihm nicht bloß wieder aufzuhelfen, sondern ihn auch zu verbessern. Eine Neuschöpfung mußte unternommen werden. Man fand in den Staatskassen Mittel zum Wiederaufbau der Städte und Dörfer. Den Vorratsmagazinen wurde das nötige Korn zur Ernährung der Bevölkerung und zur Aussaat entnommen. Die Artillerie-, Bagage- und Trainpferde wurden für den Ackerbau verwandt. Schlesien wurde für sechs Monate, Pommern und die Neumark für zwei Jahre von der Steuer befreit. 20 Millionen 389 000 Taler wurden zur Unterstützung der Provinzen und zur Abtragung der Kriegsschulden gespendet, die sie aufgenommen hatten, um die von den Feinden geforderten Auflagen zusammenzubringen. So groß diese Ausgabe war, sie war doch notwendig und unerläßlich.

Die Lage der Provinzen nach dem Huberlusburger Frieden erinnerte an die Lage Brandenburgs nach dem berüchtigten Dreißigjährigen Kriege. Damals erhielt der Staat aus Mangel an Mitteln keine Hilfe: der Große Kurfürst war außerstande, seinem Volke aufzuhelfen. Und was war die Folge davon? Ein volles Jahrhundert verstrich, ehe es seinen Nachfolgern gelang, die Verwüstungen in Stadt und Land wieder gutzumachen. Dies schlagende Beispiel, was der Staat gelitten hatte, weil die Hilfe nicht zur Zeit kam, bestimmte den König, unter so traurigen Verhältnissen nicht einen-Augenblick zu verlieren, sondern schleunige und ausreichende Hilfe zu leisten, um dem öffentlichen Notstand zu steuern. Mannigfache Spenden gaben den armen Einwohnern, die schon an ihrem Lose verzweifelten, neuen Mut. Dank den ihnen gelieferten Mitteln kehrte die Hoffnung wieder, und die Staatsbürger erwachten zu neuem Leben. Die Aufmunterung zur Arbeit rief Betriebsamkeit hervor; die Vaterlandsliebe erstarkte, und alsbald wurden alle Felder wieder bebaut, die