<228> zuträglichsten sind. Man erkennt aus dieser kurzen Übersicht, welche Fülle besonderer Kenntnisse jeder einzelne dieser Gegenstände erfordert. Und damit muß sich noch ein gründliches Studium der Landesbeschaffenheit und eine genaue Erkenntnis des Nationalgeistes verbinden. Denn der Herrscher macht sich ebenso schuldig, wenn er aus Unkenntnis fehlt, wie wenn er es aus böser Absicht tun würde: das eine Mal sind es Fehler aus Trägheit, das andere Mal Gebrechen des Herzens; allein das Übeldas dem Gemeinwesen erwächst, ist beide Male dasselbe.

Die Fürsten, die Herrscher, die Könige sind also nicht etwa deshalb mit der höchsten Macht bekleidet worden, damit sie ungestraft in Ausschweifung und Luxus aufgehen könnten. Sie sind nicht zu dem Zweck über ihre Mitbürger erhoben worden, daß ihr Stolz in eitel Repräsentation sich brüste und der schlichten Sitten, der Armut, des Elends verächtlich spotte. Sie stehen keineswegs an der Spitze des Staates, um in ihrer Umgebung einen Schwarm von Nichtstuern zu unterhalten, die durch ihren Müßiggang und ihr unnützes Wesen alle Lasier fördern.

Schlechte Verwaltung kann bei monarchischer Regierung auf sehr verschiedene Ursachen zurückgeführt werden, die ihre Wurzel im Charakter des Herrschers haben. So wird ein Fürst, der den Frauen ergeben ist, sich von seinen Mätressen und Günstlingen regieren lassen. Die mißbrauchen ihre Macht über des Fürsten Sinn und bedienen sich ihres Einflusses, um Ungerechtigkeiten zu begehen, Menschen ohne sittlichen Halt zu begünstigen, Ämter zu verschachern und ähnlicher Schändlichkeiten mehr zu verüben. Sobald der Fürst aus Nichtstuerei das Steuer des Staates Mietlingshänden überläßt — sagen wir: seinen Ministern — so wird der eine es nach rechts drehen, der andere nach links, niemand wird nach einheitlichem Plan arbeiten. Jeder Minister wird die Einrichtungen, die er vorfindet, mögen sie noch so gut sein, umstürzen wollen, um ein Schöpfer neuer Dinge zu werden und seine launenhaften Einfälle zu verwirklichen — oft zum Schaden des Gemeinwohls. Andere Minister, die dann an deren Stelle treten, beeilen sich, ihrerseits diese Anordnungen wieder mit derselben Leichtfertigkeit, die ihre Vorgänger bewiesen, über den Haufen zu werfen; sie sind befriedigt, wenn sie nur für erfinderische Köpfe gelten. So läßt das ewige Wechseln und Abändern den Plänen keine Zeit, Wurzel zu fassen. Hieraus erwachsen Verwirrung, Unordnung und alle Lasier einer schlechten Verwaltung. Die Pflichtvergessenen haben eine Entschuldigung stets zur Hand: sie decken ihre Schande mit dem unaufhörlichen Wechsel und Wandel. Und da diese Art von Ministern froh ist, wenn kein Mensch ihre eigene Amtsführung nachprüft, so hüten sie sich wohl, durch Einschreiten gegen ihre Untergebenen ein Beispiel dafür zu geben.

Die Menschen verwachsen innerlich mit dem, was ihnen gehört. Der Staat gehört den Ministern nicht; sein Wohlergehen liegt ihnen also nicht wahrhaft am Herzen. Alles wird vielmehr lässig, mit einer Art stoischen Gleichmuts vollführt. Dies muß den Verfall der Rechtspflege, der Finanzen und des Heerwesens zur Folge haben. So entartet das monarchische Regiment tatsächlich zu einem aristo-