<259>fertige Gründe leiten läßt? Ich vermute, unser Philosoph überläßt sich mitunter allzu gefällig seiner Einbildungskraft. Befremdet von den widerspruchsvollen Gottheitdefinitionen der Theologen, verwechselt er diese Definitionen, die dem gesunden Menschenverstand nicht standhalten, mit einer intelligenten Natur, die notwendigermaßen über der Erhaltung des Weltalls waltet. Die ganze Schöpfung beweist diese Intelligenz. Man braucht nur die Augen zu öffnen, um sich davon zu überzeugen. Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, hervorgebracht von der Natur. Die Natur muß also unendlich intelligenter sein als er. Sonst müßte sie ihm ja Vorzüge mitgeteilt haben, die sie selber nicht besitzt. Das wäre ein Widerspruch in aller Form.

Wenn der Gedanke eine Folge unserer Organisation ist, so muß die Natur, da sie unvergleichlich reicher als der Mensch organisiert ist und er einen nicht wahrnehmbaren Teil des großen Alls bildet, sicherlich die Intelligenz im höchsten Grade der Vollkommenheit besitzen. Eine blinde Natur könnte mit Hilfe der Bewegung nur Verwirrung stiften. Da sie ohne Berechnung verfahren würde, könnte sie niemals bestimmte Ziele erreichen, noch solche Meisterwerke schassen, die der menschliche Scharfsinn im unendlich Kleinen wie im unendlich Großen bewundern muß. Die Ziele, welche die Natur sich in ihren Werken gesetzt hat, offenbaren sich so augenscheinlich, daß man gezwungen ist, eine selbstherrliche und überlegen intelligente Ursache anzuerkennen, die mit Notwendigkeit darüber waltet. Fasse ich den Menschen ins Auge, so sehe ich, daß er als schwächstes aller Lebewesen geboren wird, bar aller Schutz-und Trutzwaffen, unfähig, den Unbilden der Witterung zu widerstehen, unablässig der Gefahr ausgesetzt, von wilden Tieren zerrissen zu werden. Zum Ersatz für die Schwächen seines Körpers und zur Erhaltung der Art hat die Natur ihn reicher mit Intelligenz begabt als alle anderen Geschöpfe. Ein Vorzug, kraft dessen er sich auf künstlichem Wege das verschafft, was die Natur ihm sonst, scheint es, nicht vergönnte. Das allerniedrigste Lebewesen umschließt in seinem Körper ein Laboratorium, das kunstvoller hergestellt ist als das des geschicktesten Chemikers. Darm bereitet es die Säfte, die sein Wesen erneuern, sich seinen Bestandteilen einfügen und sein Dasein verlängern. Wie vermöchte diese wunderbare Organisation, die allem Lebendigen zu seiner Erhaltung so nötig ist, von einer vernunftlosen Ursache auszugehen, die ihre größten Wunder vollbrächte, ohne es wahrzunehmen? Soviel braucht es aber nicht einmal, um unsern Philosophen zu widerlegen und sein System zu stürzen. Das Auge einer Milbe, ein Grashalm reichen hin, ihm die Intelligenz ihres Urhebers zu beweisen.

Ich gehe noch weiter. Ich glaube sogar, wenn man wie er eine blinde erste Ursache annähme, könnte man ihm den Beweis liefern, daß dann die Fortpflanzung der Arten unsicher werden und, wie es der Zufall fügt, zu unterschiedlichen, absonderlichen Wesen entarten würde. Einzig die unwandelbaren Gesetze einer intelligenten Natur können also inmitten der zahllosen Erscheinungen die einzelnen Arten in ihrer vollen Reinheit erhalten. Vergebens sucht der Autor sich darüber hinwegzutäuschen.