« <131>Voltaire), wo das alte politische System eine gänzliche Änderung leiden kann; der Stein ist losgerissen, der auf Nebukadnezars Bild von viererlei Metallen rollen und sie alle zermalmen wird. »
Das Bild, das weiland König Nebukadnezar im Traume gesehen und das ihm der Prophet Daniel ausdeuten mußte, war aus Metallen stattlich erbauet, aber in den Füßen waren Eisen und Ton gemischt, so daß es dem Stoße nicht zu widerstehen vermochte. So war auch die österreichische Herrschaft beschaffen. Das große Reich war ohne innere Kraft; ein unglücklich geführter Türkenkrieg hatte in den letzten Jahren auch die letzten Hilfsmittel erschöpft. Prinz Eugen, lange Zeit die Stütze des Reiches, war gestorben, ohne daß seine Stelle durch einen andern hätte besetzt werden können. Karl VI. hatte es als die Aufgabe seines Lebens betrachtet, für das Erbfolgerecht seiner Tochter Maria Theresia die Gewährleistung aller bedeutenderen Mächte Europas zu erlangen; Eugens Rat, die pragmatische Sanktion lieber durch ein Heer von 180,000 Mann als durch ein flüchtiges Versprechen zu sichern, war unbeachtet geblieben. Preußen dagegen strebte in jugendlicher Frische empor. Oft zwar hatte man über König Friedrich Wilhelm gespottet, daß er unmäßige Kosten auf sein Kriegsheer verwendet und doch dasselbe seit geraumer Zeit in keine Schlacht geführt habe; aber das Dasein dieses Kriegsheeres ließ sich nicht wegleugnen, und es war geübt, wie kein zweites. Zugleich waren seine Provinzen blühend, die Einkünfte verhältnismäßig bedeutend, keine Schulden belasteten den Staat, im königlichen Schatze befanden sich bar nahe an neun Millionen Taler. Mit solchen Mitteln konnte ein kräftiger, männlicher Geist es wagen, selbständig in das Rad der Geschichte einzugreifen und seiner Größe, seinem inneren Berufe Anerkennung zu verschaffen.
Österreich hatte schon seit Jahrhunderten gegen den brandenburgisch-preußischen Staat eine fast mehr als zweideutige Rolle gespielt. Von den Verhältnissen zu Friedrich Wilhelm ist in der Jugendgeschichte seines Sohnes Erwähnung geschehen; seine Ansprüche auf Jülich und Berg waren von dem Kaiser zu gleicher Zeit anerkannt und denen anderer Prätendenten nachgesetzt worden. Friedrich hätte jetzt, auf seine Militärmacht gestützt, diese Ansprüche aufs neue geltend machen können; aber er sah die Größe der Gefahr, der er sich hiebei aussetzen mußte, zu wohl ein; er hätte zu viele Mitbewerber gegen sich gehabt, und er hätte sein ganzes Reich von Truppen entblößen müssen, um alle Macht auf diesem einen entlegenen Punkte zusammenzuziehen. Ungleich wichtiger waren andere Ansprüche, die Friedrich, und zwar mit entschiedenem Rechte, erheben durfte, die ihm, unter den gegenwärtigen Umständen, einen minder gefahrvollen Erwerb, seinem Staate einen glänzenderen Gewinn zu