<217>zusammenlaufen, durch welche das Ganze angemessen und im Einklange bewegt ward. Er wußte alles, er kannte alles, und ein ungeheures Gedächtnis bewahrte ihn — soweit menschliches Vermögen zu bewahren ist — vor der Gefahr, Einrichtungen zu treffen, die mit dem einmal festgesetzten Organismus des Staates, wenn auch nur in untergeordneten Beziehungen, in Widerspruch gestanden hätten.
Manche charakteristische Züge sind uns erhalten geblieben, die von der Weise, wie er das Ganze im Einzelnen zu beherrschen vermochte, wie er alle einzelnen Zustände mit scharfer Aufmerksamkeit verfolgte, wie er unverrückt nur die Sorge für das Wohl seines Volkes im Auge behielt, Zeugnis geben. Statt vieler, stehe hier nur ein einziger Zug, der, so unbedeutend er erscheint, doch vorzüglich geeignet ist, sein sicheres Eingehen auf die Verwaltungsangelegenheiten und die Art seiner Gesinnung zu vergegenwärtigen. Es ward ihm einst die Bestätigung der Wahl eines Landrates zur Unterschrift vorgelegt. Bei dem Namen des Vorgeschlagenen stutzte er und verlangte den Minister zu sprechen. Er äußerte sich ungehalten über die Wahl, während der Minister dieselbe zu rechtfertigen und die löblichen Eigenschaften des Gewählten zu entwickeln suchte. Friedrich jedoch ließ sich nicht irre machen. Er befahl ein besondres Aktenstück aus dem Kammergerichte herbeizuholen und schlug eine darin enthaltene Verhandlung auf. « Seh' Er her », sprach er nun zu dem Minister; « dieser Mann hat mit seiner leiblichen Mutter um einige Hufen Ackers einen weitläufigen Prozeß geführt, und sie hat um eine solche Lumperei auf ihrem letzten Krankenlager noch einen Eid schwören müssen. Wie kann ich von einem Menschen mit solchem Herzen erwarten, daß er für das Beste meiner Untertanen sorgen wird? Daraus wird nichts, man mag einen andern wählen! »
Eine solche ganz außerordentliche Tätigkeit aber, der sich zugleich noch die mannigfachsten künstlerischen und wissenschaftlichen Beschäftigungen anschlossen, machte Friedrich nur dadurch möglich, daß er seine Zeit mit der gewissenhaftesten Genauigkeit einteilte, daß er für jedes Geschäft und für jede Erholung eine bestimmte Stunde hatte. Auf seinem Schreibtisch lag ein Kalender, in dem alle feststehenden Geschäfte verzeichnet waren. Seine Tageseinteilung war unverrückt dieselbe. Seine Natur bedurfte nur wenig Schlaf; mit dem frühsten Morgen begann seine Arbeit. Der Vormittag war ganz dem Staatsdienste in seinen verschiedenen Arten gewidmet, während der größere Teil des Nachmittags und der Abend dem Genusse der Kunst und Wissenschaft diente. Eigentümlich ist es, daß er gewisse Pausen, die er zwischen den Berufsarbeiten festgesetzt hatte, in der Regel durch Flötenspiel ausfüllte. Er ging dann meist, längere oder kürzere Zeit, phantasierend im Zimmer umher. Zu einem Freunde äußerte er einst, daß er während dieses