<263>Armee schien ganz gesunken, und einige schwache Ausfälle, zu denen sie sich entschloß, wurden ohne Mühe zurückgeschlagen. Friedrich ließ es sich angelegen sein, geheime Kundschafter in die Stadt zu senden; die Nachrichten, die sie ihm brachten, verhießen ein baldiges Ende nach seinem Wunsche. Der Hof in Wien zitterte, denn an dem Schicksal Prags schien das ganze Schicksal des Krieges zu hängen; das Reich zitterte, denn bereits war ein kühnes Freikorps aus Böhmen bis nach Bayern vorgedrungen und verbreitete den Schrecken des preußischen Namens bis an die Tore von Regensburg; schon dachte man auf Mittel, durch neue Aufopferungen den Frieden von dem bis dahin unüberwindlichen Preußenkönige zu erkaufen.
Aber die in Prag eingeschlossene Armee, auf baldigen Entsatz hoffend, hielt mit Standhaftigkeit die Schrecken der Belagerung aus. Eins der österreichischen Korps, die in Böhmen schlagfertig gestanden hatten, war später als die übrigen gegen Prag vorgerückt und am Tage der Prager Schlacht noch mehrere Meilen vom Schlachtfelde entfernt gewesen. Der Feldmarschall Daun befehligte dies Korps. Er zog sich nun weiter, auf der Straße gegen Kolin, zurück, und zu ihm stießen die Scharen der Österreicher, die in der Schlacht zersprengt und von Prag waren abgeschnitten worden. Gegen ihn hatte Friedrich zuerst den General Zieten mit seinen Husaren ausgeschickt; und da dieser die Feinde stärker fand, als man erwartet hatte, so war mit Zieten ein besonderes Beobachtungskorps, unter dem Herzog von Bevern, vereinigt worden. Dies Korps rückte gegen Daun vor, und er, obgleich der Stärkere, wich zurück, ließ die Preußen Kolin mit einem reichlichen Magazine wegnehmen und ließ sie selbst Kuttenberg besetzen. Aber durch diesen Rückzug näherte er sich zugleich mehr und mehr den mittleren Provinzen des österreichischen Staates, zog, ohne sich zu schwächen, immer neue Unterstützungen, die ihm entgegengesandt wurden, an sich und vermehrte so nach und nach seine Armee zu einer bedeutenden Macht.
So waren mehr als fünf Wochen seit der Schlacht von Prag verflossen, ohne daß Friedrich imstande gewesen war, eine Entscheidung herbeizuführen. Wie im vorigen Jahre durch das Lager von Pirna, so ward er jetzt durch Prag in der raschen Ausführung seiner Entschlüsse aufgehalten. Aber die Verzögerung mußte jetzt, da es sich um größere Heermassen handelte, auch größere Gefahr bereiten; und, schlimmer noch als dies, auch von den andern Seiten rückte die drohende Gefahr bereits näher. Die Franzosen waren mit einer mächtigen Armee über den Niederrhein gegangen und standen schon in Westfalen; die Russen und Schweden, sowie die Reichsarmee machten sich ebenfalls zum Anzuge bereit. Ein drückender Unmut bemächtigte sich der Seele des großen Königs. Der Sieg von Prag hätte all diese Hemmnisse, wie es schien,