VIERTES KAPITEL Mißstimmung zwischen Vater und Sohn.
Unter solchen Verhältnissen wuchs der Knabe Friedrich zum Jüngling heran. Sein Äußeres hatte sich zu eigentümlicher Anmut entwickelt; er war schlank gewachsen, sein Gesicht von edler, regelmäßiger Bildung. In seinem Auge sprach sich ein lebhafter, feuriger Geist aus, und Witz und Phantasie standen ihm zu Gebote. Aber dieser Geist wollte seine eigenen Bahnen gehen; und die Abweichung von dem Pfade, welchen der strenge Vater vorgezeichnet hatte, zerriß das trauliche Band zwischen Vater und Kind.
Schon das mußte den religiösen Sinn des Königs unangenehm berühren, daß der Religionsunterricht nicht sonderlich gefruchtet hatte, um den Prinzen in die Lehren des christlichen Glaubens genügend einzuweihen. Einige Monate vor dem zur Einsegnung des Kronprinzen bestimmten Tage wurde ihm von den Hofmeistern gemeldet, daß der Prinz schon seit geraumer Zeit im Christentum nur geringe Fortschritte gemacht habe. Doch half diesem Übelstande ein vermehrter Unterricht von Seiten des würdigen Hofpredigers Noltenius ab, und Friedrich konnte am 11. April 1727, nach öffentlicher Prüfung, sein Glaubensbekenntnis ablegen und das heilige Abendmahl empfangen.