« <303>Gewiß werden Sie mich hier nicht vermuten. Kann man hier auch noch mit unterkommen? » Sie waren die größere Mehrzahl und hätten sich durch einen kühnen Entschluß der Person des Königs bemächtigen können; aber daran dachte in der Verwirrung niemand. Die österreichischen Generale und Stabsoffiziere ergriffen die Lichter und leuchteten dem Könige die Treppe hinauf in eins der ersten Zimmer. Hier präsentierte einer den andern dem Könige, der sich mit ihnen in ein freundliches Gespräch einließ. Währenddes fanden sich auf dem Schlosse immer mehr Adjutanten und andere Offiziere ein; endlich ward die Menge derselben so bedeutend, daß Friedrich verwundert fragte, wo sie denn alle herkämen; und jetzt erst hörte er, daß seine ganze Armee auf dem Wege nach Lissa sei.
Im Eifer des Sieges nämlich war diese gefolgt, als Friedrich jene Grenadierbataillone auf den Weg nach Lissa beordert hatte. Still und ernst hatte sich die Armee aufgemacht; jeder schritt in tiefen Gedanken über den bedeutungsvollen blutigen Tag vorwärts; der kalte Nachtwind strich schaurig über die Felder, die von dem Ächzen und Wimmern der Verwundeten erfüllt waren. Da stimmte ein alter Grenadier aus tiefer Brust das schöne Lied: « Nun danket alle Gott » an; die Feldmusik fiel ein, und sogleich sang die ganze Armee, mehr als 25,000 Mann, wie aus einem Munde:
Nun danket alle Gott
Mit Herze, Mund und Händen,
Der große Dinge tut
An uns und allen Enden!
Die Dunkelheit und die Stille der Nacht, die Schauer des Schlachtfeldes, wo man fast bei jedem Schritt auf eine Leiche stieß, gaben dem Gesange eine wunderbare Feierlichkeit; selbst die Verwundeten vergaßen ihre Schmerzen, um Anteil an diesem allgemeinen Opfer der Dankbarkeit zu nehmen. Eine erneute innere Festigkeit belebte die ermüdeten Krieger. Dann tönte ein lauter, hochgehaltener Jubel aus aller Munde; und als man nun das Feuern in Lissa hörte, so wollte es einer dem andern an Geschwindigkeit zuvortun, seinem Könige beizustehen. Alles, was von Feinden in Lissa war, wurde gefangengenommen.
Die Österreicher hatten an dem einen Tage 27,000 Mann, 116 Geschütze, 51 Fahnen und 4000 Wagen verloren, während sich der Verlust der Preußen nur auf 6000 Mann belief. Aber schon in der Frühe des folgenden Morgens drang die preußische Armee unaufhaltsam weiter vor, um alle Erfolge, die der Sieg gewähren konnte, festzuhalten. Nach allen Seiten setzte man den Feinden nach, und zahlreiche Scharen von Gefangenen und mannigfache Beute fielen noch ferner in die Hände