<327>gängigen Bewegung auf die österreichische Hauptmacht genötigt hatte, traf Friedrich in der Gegend von Dresden ein. Hier standen nunmehr vier Armeen auf dem engen Räume von zwei Meilen einander gegenüber; jeder Tag schien eine blutige Lösung dieser eigentümlichen Verhältnisse zu verheißen. Friedrich wünschte nichts mehr als eine entscheidende Schlacht. Aber Daun hatte jetzt die Lust dazu verloren; als ein Meister im Verteidigungskriege, wußte er schnell eine so günstige Lagerstelle zu besetzen, daß ein Angriff auf ihn die größte Verwegenheit gewesen wäre. Ebenso stand die Reichsarmee in dem Lager von Pirna vollkommen sicher. Eine geraume Frist verging auf diese Weise, ohne daß irgendeine Entscheidung erfolgt wäre. Vergebens waren die verschiedenen Manöver, die Friedrich anstellte, um den Gegner aus seiner Stellung herauszulocken. Aber jeder Tag ward peinlicher für ihn, denn in der Zwischenzeit waren andere österreichische Korps in Oberschlesien eingerückt, hatten die Festungen Oppeln und Neiße eingeschlossen, und schon kam die Nachricht, daß alle Anstalten zu einer förmlichen Belagerung von Neiße gemacht würden.
Jetzt faßte Friedrich einen schnellen Entschluß. Da er hier den Feind zu keiner Schlacht bewegen konnte, so gedachte er, einen raschen Zug nach Schlesien zu unternehmen, um die Österreicher zu verhindern, in dieser Provinz festen Fuß zu fassen; hiedurch wurden zugleich die österreichischen Magazine in der Lausitz, aus denen Daun seinen Unterhalt bezog, bedroht. Es glückte ihm, durch ein vorgesandtes Korps Bautzen besetzen zu lassen; nach einigen Tagen folgte er selbst mit seiner Armee nach. Aber Daun hatte ebenso die Gefahr eingesehen, in die er durch die Wegnahme seiner Magazine versetzt werden mußte. Dies, und gleichzeitig auch Friedrichs Marsch nach Schlesien zu vereiteln, hatte er sich, ehe noch Friedrichs ganze Armee den beschlossenen Marsch antreten konnte, in derselben Richtung auf den Weg gemacht. Am 10. Oktober, als Friedrich, von Bautzen aus weiter vorrückend, das Dorf Hochkirch besetzt hatte, sah er seinen Schritt aufs neue durch die ganze österreichische Heeresmacht, die ihm gegenüber lagerte, aufgehalten.
Die Stellung, welche Daun eingenommen hatte, war wiederum überaus günstig. Er hatte eine Reihe ausgedehnter, bewaldeter Bergzüge, welche das Dorf Hochkirch in einem Winkel umschlossen, besetzt. Es war unmöglich, hier vorzudringen, und ein Aufenthalt in Hochkirch schien jedem Nachteile ausgesetzt. Friedrich indes, der es nicht für ehrenvoll hielt, vor dem bloßen Anblicke des Feindes umzuwenden, und der auch, wo es Angriff galt, dem österreichischen Heerführer keinen kühnen Entschluß zutraute, befahl, das Lager bei Hochkirch aufzuschlagen. Alle preußischen Generale, die sich zur Stelle befanden, sahen die Gefahr dieses Unter-