<33>legenheit wahr, die sich ihr zum Wiederanknüpfen der Verbindungen mit England darbot. Ihre ebenso hartnäckigen wie fruchtlosen Bemühungen erbitterten aber den König so sehr, daß der häusliche Friede fast ganz entwich. Mißtrauisch belauschten die beiden königlichen Eheleute einander und Zwischenträger, auf gemeinen Gewinn bedacht, schürten die Flamme des Mißtrauens. Vor allen hatten die beiden ältesten Kinder unter dem Zwiste der Eltern zu leiden, und um so mehr, als es die Königin dahin zu bringen wußte, daß Beide ihrem Plane gern Beifall schenkten; wie aber Bruder und Schwester gemeinschaftliche Kümmernis zu tragen hatten, so schlossen sie sich Beide, indem ihre Charaktere schon ohnedies übereinstimmten, nur um so inniger aneinander. Vater und Sohn wurden durch alles dies einander immer mehr entfremdet, und die Herstellung eines liebevollen Verhältnisses schien in weite Ferne hinausgerückt. Es sollte noch Bedeutenderes hinzukommen, die Entfremdung zu vergrößern.
Das heftige Temperament des Königs hatte oft die leidenschaftlichsten Aufwallungen zur Folge; zuweilen aber gingen diese auch, wie es überall bei großer Aufregung der Fall ist, in Abspannung und Schwermut über. Ein solcher hypochondrischer Zustand hatte sich des Königs im Winter von 1727 zu 1728 bemächtigt. Seine religiöse Richtung führte ihn darin zu einer bigotten Frömmelei, mit der er seine Familie plagte. Er hatte den berühmten Theologen, den Professor Francke aus Halle zu sich gerufen, einen Mann, der als Stifter des Hallischen Waisenhauses unter den Wohltätern der Menschheit genannt wird, dessen Sinn aber so wenig frei war, daß sein unchristlicher Eifer gegen den Philosophen Wolff zu der schmachvollen Entfernung dieses ausgezeichneten Gelehrten aus Halle wesentlich beigetragen hatte. Francke war der Wortführer an der Tafel des Königs, an der jetzt nur von biblischen Dingen gesprochen wurde; alle Vergnügungen, namentlich Musik und Jagd (welche letztere freilich zur Tierquälerei geworden war und nur zur Bedrückung der Bauern diente) waren als sündlich verdammt. Der König las seiner Familie jeden Nachmittag eine Predigt vor, und der Kammerdiener stimmte einen Gesang an, den alle Anwesenden begleiten mußten. Ein solches Leben war wenig nach dem Sinne des Kronprinzen und seiner ältern Schwester; der feierliche Ernst, der dem einen Teile der Gesellschaft natürlich war und den die andern affektierten, mochte oft sonderbare Erscheinungen zur Folge haben und sie konnten ihre leichtsinnigen Bemerkungen darüber nicht immer zurückhalten. Übergewaltig drängte sich ihre Lachlust hervor; dafür aber wurden sie mit schwerem Zorne zurückgeschreckt, und sie mußten die Strafe mit studierter Zerknirschung hinnehmen. Der König ging in seiner Hypochondrie sogar so weit, daß er das Szepter niederzulegen und die Regierung dem Kronprinzen zu übergeben beschloß; auch begann er eine