<35>überredete ihn zu einer Reise nach dem benachbarten glänzenden Hofe von Dresden, indem man dort die besten Gegenmittel gegen seine Hypochondrie zu finden hoffte; man hatte ihm hierbei, falls es ihm gelänge, den König von Polen und Kurfürsten von Sachsen, August II,, für die Verbindung mit Österreich zu gewinnen, so wichtige Vorteile zu entwickeln gewußt, daß er endlich, obgleich fast wider Willen, nachzugeben genötigt war. Bald erfolgte die Einladung zu diesem Besuche von Seiten des Königs August, und Friedrich Wilhelm reiste in der Mitte des Januar 1728 nach Dresden ab. Der Kronprinz war zurückgeblieben, aber er war in Verzweiflung, sich von dieser Unterbrechung des einförmigen Lebens, zu welchem er zu Hause gezwungen war, ausgeschlossen zu sehen; die Schwester, die ihm gern ein Vergnügen bereitete, bewog den sächsischen Gesandten leicht, es zu veranstalten, daß auch für ihn nachträglich eine schleunige Einladung kam.
In Dresden eröffnete sich für Friedrich eine neue Welt. Von den Erscheinungen, die er zu Hause zurückgelassen hatte, von der Strenge des militärischen Lebens, von unausgesetztem Fleiße, von sparsamster Einrichtung des Haushaltes, von der Beobachtung aller Gesetze der Sittlichkeit, war hier keine Spur. Das Leben des Hofes bewegte sich Tag für Tag im glänzendsten Rausche, Feste drängten auf Feste, alle Erfindungskraft wurde aufgeboten, um Sättigung und Überdruß fern zu halten. Alle Künste schmückten hier das Leben, alles Schöne des Lebens war hier zum Genüsse versammelt. König August, ein Mann von feiner Bildung, von ritterlicher Gesinnung und riesiger Körperkraft, hatte sein Leben einzig dem Genusse gewidmet und alle Tiefen desselben durchgekostet. Er war unablässig bemüht, seinen hohen Gästen die Wochen des Besuchs wie einen lieblichen Traum vorüberfliegen zu machen. Daß aber, um solche unausgesetzten Freuden zu unterhalten, ein edles Volk geknechtet, daß die Wohlfahrt eines ganzen Landes furchtbar zerrüttet ward, mochte den Augen des preußischen Thronerben für jetzt fern bleiben.
Überhaupt konnten nicht leicht schärfere Gegensätze gefunden werden als König August und Friedrich Wilhelm. Jener, ein jüngerer Prinz des sächsischen Kurfürstenhauses, hatte ursprünglich keine sonderliche Aussicht auf die Thronfolge gehabt; statt auf die eine oder die andere Art auf einen solchen Beruf sich vorzubereiten, hatte er in seiner Jugend einen großen Teil der Länder Europas durchreist, war er überall nur auf romantische Abenteuer bedacht gewesen, so daß die Geschichte seiner früheren Tage nur den Eindruck eines phantastisch ausschweifenden Romans macht. Nach dem Tode seines Bruders, des Kurfürsten Johann Georg IV., der ohne einen Nachfolger starb, fiel ihm der sächsische Thron zu; aber das Kurland genügte ihm nicht; ihn lüstete nach dem höhern Glanze einer Königskrone. Dazu bot sich Gelegenheit,