<351>die innigste Teilnahme an dem Unheil, das so viele seiner Getreuen betroffen, so rüstig war er zu helfen bedacht, wo er noch helfen konnte. Zwei junge Offiziere seiner Armee waren u. a. auf eine furchtbare Weise verwundet worden; dem einen war durch eine Kanonenkugel der größte Teil des Armes weggerissen, dem andern war eine Kartätschenladung von gehacktem Eisen ins Gesicht und in den Arm geschossen. Man hatte sie in jenes Dorf gebracht, in welchem Friedrich sein Nachtquartier nahm; hier erholten sie sich wieder, allein kein Feldchirurg wollte die schweren Wunden verbinden. Der Erfolg der Schlacht war ihnen noch unbekannt, als Friedrich unerwartet des Abends in die Stube trat, wo sie auf der Erde in ihrem Blute lagen. Seine ersten Worte waren: « Ach Kinder, ihr seid wohl schwer blessiert? » Sie erwiderten: « Ja, Ew. Majestät; allein das ist das wenigste! Wenn wir nur wüßten, ob Sie gesiegt hätten: denn wir hatten schon zwei Redouten hinter uns und waren bei der dritten, als uns das Unglück traf. » Der König sagte: « Ihr habt es bewiesen, daß ihr unüberwindlich seid, das übrige ist Zufall. Verliert nicht den Mut: es wird alles, auch ihr werdet besser werden. Seid ihr schon verbunden? Hat man euch zur Ader gelassen? » — « Nein, Ew. Majestät », erwiderten sie, « kein Teufel will uns verbinden. » — Auf der Stelle ward ein Arzt gerufen, dem Friedrich seinen Unwillen über die schlechten Anstalten zu erkennen gab und befahl, für diese braven Leute alle Sorgfalt zu verwenden. Der Arzt sah die Wunden, zuckte die Achseln und versicherte, daß hier kein Verbinden helfen könne und alle Mittel vergebens wären, wenn auch dem einen der Arm abgenommen würde. Der König faßte die jungen Krieger bei der Hand und zeigte sie dem Arzte mit den Worten: « Hier sehe Er nur, die Leute haben noch kein Fieber! Bei solchem jungen Blute und frischem Herzen pflegt die Natur allezeit Wunder zu tun. » Beide Offiziere wurden in der Tat gerettet, dienten bis zum Frieden und wurden dann mit guten Versorgungen bedacht. Friedrich aber, der in jenem Zimmer hatte übernachten wollen, nahm mit einer schlechteren Behausung vorlieb. Die furchtbaren Bilder der Zukunft hatten ihn auf seinem kümmerlichen Strohlager nicht schlafen lassen. Als ihm am folgenden Morgen ein Offizier berichtete, daß man noch einiges Geschütz gerettet habe, rief er diesem wild entgegen: « Herr, Er lügt! Ich habe keine Kanonen mehr! » Niemand wagte, sich ihm zu nähern. Nur dem alten Obersten Moller klagte er vertraulich sein Leid. Diesen fragte er, wie es doch komme, daß seine Armee nicht mehr soviel leiste wie früher. Moller, vielleicht des Tages von Leuthen und der damaligen frommen Stimmung des Heeres gedenkend, antwortete, daß seit geraumer Zeit schon keine Betstunde mehr in der Armee gehalten sei. Friedrich gab am folgenden Tage den Befehl, daß der Feldgottesdienst fortan wieder in strenger Regelmäßigkeit abgehalten werde.