<352>Die Russen hatten es versäumt, die Früchte ihres Sieges zu pflücken. Ihre Generalität versammelte sich am Abend nach der Schlacht in einem Bauernhause, zu beratschlagen, ob den besiegten Preußen nachzusetzen sei oder nicht. Erschöpft von der Hitze des Tages, ließ man vorerst erfrischendes Getränk kommen, und bald waren darüber die Gedanken an alle weiteren Anstrengungen verschwunden. Friedrich ward in der Nacht nicht weiter beunruhigt; schon am folgenden Morgen sammelte sich ein Korps von 18,000 Mann seiner zerstreuten Truppen um ihn; mit diesen ging er ungestört über die Oder, brach die Brücken ab und lagerte sich zwischen Frankfurt und Küstrin. Er sah jetzt, daß der Feind ihm doch noch Hoffnung übriglasse. Kurz vor der Schlacht hatte er durch einen Adjutanten des Herzogs Ferdinand von Braunschweig die Nachricht von dem glorreichen Siege bei Minden erhalten; er hatte den Botschafter gebeten, bis nach der Schlacht zu verweilen, damit er ihm das Gegenkompliment an den Herzog mitgeben könne. Jetzt entließ er ihn mit den Worten: « Es tut mir leid, daß die Antwort auf eine so gute Botschaft nicht besser hat geraten wollen. Wenn Sie aber auf Ihrem Rückwege noch gut durchkommen und Daun nicht schon in Berlin und Contades in Magdeburg finden, so können Sie Herzog Ferdinand von mir versichern, daß noch nicht viel verloren ist! » — Allmählich erst konnte man die Größe des Verlustes ermessen; über 18,000 Mann, 172 Geschütze, 26 Fahnen und 2 Standarten, außerdem alles eroberte Geschütz, hatten die Preußen verloren. Viele der ersten Offiziere der Armee waren schwer verwundet. Traurig war das Schicksal eines Dichters, den die eben aufblühende deutsche Poesie zu ihren Lieblingen zählte und der tapfer in den Reihen der Preußen mitgekämpft hatte, des Majors Christian Ewald von Kleist. Ein Kartätschenschuß hatte ihm das Bein zerschmettert; Kosaken hatten ihn seiner Kleider beraubt und in einen Sumpf geworfen; russische Husaren hatten ihm darauf einige Pflege angedeihen lassen, aber aufs neue war er von Kosaken ausgeplündert worden. Erst am folgen-