<361>nicht mehr Truppen wie die, mit denen Friedrich den Krieg begonnen hatte; junge Burschen, die noch keinen Feind gesehen, waren aus dem Inlande, unzuverlässige Mannschaften aus dem Auslande herbeigekommen. Indes brachten jene eine nationale Begeisterung mit, wurden diese durch die strenge Zucht des preußischen Dienstes, beide durch den eigentümlichen Glanz gefesselt, der trotz der Verluste des vorigen Jahres noch immer fest an dem Namen der Armee des großen Friedrich haftete. Die ganze Zeit der Winterruhe wurde mit rastloser Einübung der Neugeworbenen ausgefüllt.
Inmitten all dieser Sorgen blieben auch jetzt Wissenschaft und Kunst Friedrichs treue Trösterinnen. Auch jetzt suchte er den Schmerz über die arge Zerrissenheit seiner Zeit mit den Worten der Dichtung auszusprechen, und rührend und ergreifend wirkt das Gefühl, welches in diesen Gedichten atmet, noch heute auf den Leser. Merkwürdig ist besonders die große « Ode an die Deutschen », welche Friedrich im März 1760 schrieb. Mit eindringlichen Worten hält er hier den deutschen Völkern « den Söhnen einer gemeinsamen Mutter », ihren Wahnsinn vor, sich gegenseitig zu zerfleischen, Fremde zum Brudermorde in die schöne Heimat hereinzuführen und ihnen so den Zugang zum Herzen des Vaterlandes zu eröffnen; dann weist er sie auf die Bahnen, wo ein ehrenhafter Ruhm für sie zu erkämpfen sei; am Schlusse des Gedichtes ermahnt er sein Preußenvolk aufs neue zu standhafter Ausdauer. Auch sah sich Friedrich in dieser Zeit zu einer neuen, öffentlichen Herausgabe seiner früheren Gedichte genötigt, als in Frankreich ein Nachdruck derselben erschien, welcher sämtliche satirische Ausfälle auf politische Personen der Zeit, die nur den vertrauten Freunden mitgeteilt waren, enthielt. Man hat überzeugende Gründe, die Herausgabe dieses Nachdrucks Voltaire zuzuschreiben, der die Feinde des Königs noch mehr aufreizen und seiner noch ungestillten Rachbegier einige Befriedigung zu gewähren bemüht war.
Dasselbe Gefühl, wie in den Gedichten dieser Zeit, spricht sich auch in den Briefen aus, in denen Friedrich seinen Freunden seine Lage und seine Gedanken ohne weiteren Rückhalt mitteilt. So schreibt er im März 1760 an Algarotti, den er ebenfalls zu seinen Vertrautesten zählte: « Der irrende Jude, wenn er jemals existiert hat, hat kein so irrendes Leben geführt, wie das meine ist. Man wird am Ende wie die Dorfkomödianten, die keinen Herd und keine Heimat haben; wir laufen durch die Welt, um unsre blutigen Tragödien da aufzuführen, wo unsre Feinde uns eben erlauben, unser Theater aufzuschlagen .... Der letzte Feldzug hat Sachsen an den Rand des Abgrundes geführt. Solange es mir das Glück verstattete, habe ich dies schöne Land geschont: jetzt ist Verwüstung überall. Und ohne »