<395>Das Vierteljahr bis zur Mitte August ging unter verschiedenartigen Manövern, Märschen und Gegenmärschen hin. Die Vereinigung der feindlichen Armeen sollte, wie es hieß, in Oberschlesien erfolgen. Friedrich begab sich dahin; Loudon aber wußte seine Operationen so geschickt einzurichten, daß Friedrich ihm keine Vorteile abgewinnen konnte. Unterdes rückten die Russen in Niederschlesien ein, gingen zwischen Glogau und Breslau über die Oder, Loudon wandte sich rasch aus Oberschlesien nach Böhmen zurück, besetzte die Pässe des Riesengebirges und brachte von hier aus die schon seit Jahren vorbereitete Vereinigung beider Armeen zustande, ehe Friedrich zur Verhinderung derselben hatte heranrücken können. Beide feindliche Heere standen jetzt in der Gegend von Striegau. Friedrich war ihnen entgegengezogen; da er seine Absicht vereitelt sah, so machte er den Versuch, durch ein anderes Mittel die gefahrdrohende Verbindung wiederum aufzuheben. Er wandte sich gegen den nächsten bedeutenden Posten des Gebirges, den die Österreicher bei dem Anmarsch der Russen verlassen hatten, um hiedurch den Gegnern die Zufuhr aus Böhmen, ohne die sie sich in ihrer Stellung nicht zu erhalten vermochten, abzuschneiden. Aber auch hier war ihm Loudon bereits mit schneller Übersicht zuvorgekommen; als Friedrich sich dem Gebirge näherte, fand er dasselbe so stark besetzt, daß ein Angriff unmöglich war.
Die feindliche Übermacht im Herzen Schlesiens schien alle Wünsche, die zur Erniedrigung Friedrichs so lange genährt waren, vollständig erfüllt zu haben. Friedrich war nicht vermögend, ihrem Angriff in offner Schlacht zu widerstehen; die wenigen Festungen Schlesiens konnten ihnen ebensowenig auf die Dauer Widerstand leisten. Alles, was Friedrich zu tun vermochte, bestand darin, daß er, jede fruchtlose Aufopferung vermeidend, die Feinde so lange in Untätigkeit hielt, bis der Mangel an Nahrungsmitteln für eine so gewaltige Masse von Menschen und Pferden sie von selbst zur Trennung nötigte. Dies führte er in der Tat auf eine Weise aus, die wiederum sein Feldherrntalent in der seltensten Größe darstellte. Er bezog, am 20. August, ein Lager bei Bunzelwitz, wodurch er Schweidnitz, die zunächstgelegene Festung, deckte, die Verbindung mit Breslau erhielt und nach keiner Seite für etwa erforderliche Unternehmungen beschränkt blieb. Freilich hatte die Natur nicht eben viel getan, um dies Lager gegen feindlichen Angriff zu sichern; aber es vergingen mehrere Tage, ehe die feindlichen Heerführer sich über alle erforderlichen Maßregeln der Verpflegung und Stellung der Truppen, sowie über die weiteren Operationen vereinigt hatten; und als sie nun die Stellung, welche Friedrich eingenommen, näher zu untersuchen kamen, da fanden sie kein Lager mehr, sondern eine förmliche Festung, welche in so kurzer Frist aus der Erde hervorgewachsen