<408>dieses Feindes mit eigner Kraft bekämpfen mußte; — und für alles das nichts als das Versprechen einer verhältnismäßig geringen Hilfe von Seiten der Tartaren und einer, noch immer zweideutigen von Seiten der Türkei! Wahrlich, daß die gewaltig überlegenen Feinde im Verlauf von sechs Jahren nicht größere Vorteile über die kleine Macht, die Friedrich aufstellen konnte, errungen hatten, das ist das Zeugnis einer Feldherrngröße, wie sie in den Jahrbüchern der Geschichte nur selten erscheint; aber wie sollte Friedrich jetzt, mit hinschwindenden Kräften, noch ferner gegen die Übermacht standhalten? Alle früheren Unfälle bestanden nur in augenblicklich dringenden Verlegenheiten, aus denen ein schneller, kühner Entschluß retten konnte: — jetzt blieb für Friedrich, nach menschlicher Berechnung, nichts übrig, als schmachvoll auf die Stufe hinabzusteigen, die ihm vielleicht die Gnade seiner Feinde als ein kümmerliches Almosen lassen würde, oder mit Ehren unterzugehen.
Wohl keiner, der mit kalter Besonnenheit den Stand der Verhältnisse prüfte, mochte eine andere Ansicht der Dinge gewinnen. Die Feinde frohlockten; Maria Theresia war der Erfolge des nächsten Jahres so gewiß, daß sie keinen falschen Schritt zu begehen glaubte, als sie, dem drückenden Geldmangel einigermaßen zu begegnen, 20,000 Mann ihres Heeres entließ. Friedrich auch hatte keine andere Überzeugung; aber mit ruhigem Mute blickte er der Zukunft entgegen, nicht gewillt, der Würde seines Geistes etwas zu vergeben. Sein Entschluß war lange gefaßt; er hatte zu oft dem Tode ins Auge geschaut, hatte zu oft das Verderben nah über seinem Haupte dahinschweben gesehen, als daß er sich jetzt kleinmütigem Verzagen oder müßiger Verzweiflung hätte hingeben sollen. Seinen Trost, seine Stärkung fand er in sich selber, in den dichterischen Gebilden, in die er auch zu dieser Zeit die Stimmung seines Gemütes ergoß. Und hochmerkwürdig sind die Gedichte, die er im Lager zu Strehlen und im Winterquartiere zu Breslau niederschrieb. Nicht schwärmt er mehr, wie einst nach der Schlacht von Kolin, daß ihm der Freund sein Grab mit Rosen und Myrten bestreuen möge; nicht will er mehr aus dem Leben hinausgehen, weil es ihm zur Last geworden, — er hatte sich schon an das Leiden gewöhnt und war unter den wiederholten Schlägen des Schicksals nur immer neu erstarkt! Er gedenkt des freiwilligen Todes nur aus dem Grunde, weil die Fortsetzung des Lebens nichts als Schmach zu verkünden scheint. Bei dieser erhabenen Ruhe gelingt es ihm, dem echten Dichter gleich, seinen Geist aus der beengenden Gegenwart frei zu machen und die Größe verwandter Geister, deren Gedächtnis die Geschichte bewahrt, in hehrer Gestalt zur belebten Erscheinung zu bringen. Er dichtet den Kaiser Otho, der sich selbst aufopferte, damit seine Getreuen