<411>Am 5. Januar 1762 starb Elisabeth von Rußland; ihr Neffe, Peter III., bestieg den erledigten Thron. So erbittert Elisabeth sich fort und fort gegen Friedrich gezeigt hatte, einen so innigen Verehrer fand letzterer an dem neuen Kaiser. Schon als Großfürst war Peter nie im russischen Staatsrate erschienen, wenn Beschlüsse gegen Friedrich gefaßt werden sollten. Er trug Friedrichs Bildnis im Ringe am Finger; er kannte alle einzelnen Umstände aus den Feldzügen des Königes, alle Einrichtungen und Verhältnisse der preußischen Armee; er betrachtete Friedrich nur als sein Vorbild, dem er in allen Stücken nachzueifern habe. Von Friedrich zu Peter und von diesem zu Friedrich flogen alsbald Gesandte, welche Glückwünsche und Freundschaftsversicherungen überbrachten. Die preußischen Gefangenen im ganzen russischen Reiche wurden nach der Hauptstadt berufen und, nachdem man sie dort ehrenvoll aufgenommen, zu ihrer Armee zurückgesandt. Ein Waffenstillstand ward geschlossen. Auf diesen folgte bald, am 5. Mai, ein förmlicher Friede, demgemäß Peter alles, was unter seiner Vorgängerin erobert war, ohne eine weitere Entschädigung zurückgab; die Provinz Preußen ward ihres Treueides entlassen; die russischen Truppen erhielten Befehl, Pommern, die Neumark und Preußen zu räumen; Tschernitschefs Korps, welches noch mit den Österreichern vereint war und in der Grafschaft Glatz Winterquartiere genommen hatte, ward ebenfalls zurückberufen. Endlich folgte auf den Frieden ein gegenseitiges Schutzbündnis, und nun ward Tschernitschef, der unterdes nach Polen gegangen war, beauftragt, mit seinem Korps zu Friedrichs Armee zu stoßen.
Eine so außerordentliche, so plötzliche Veränderung der politischen Verhältnisse machte alle Welt erstaunen; man konnte sich auf keine Weise in die fast märchenhaften Berichte finden, die dem Unerwarteten fort und fort Unerwartetes hinzufügten. Lord Bute, der englische Minister, der nichts als einen allgemeinen Frieden im Sinne hatte und dem dabei wenig an Friedrichs Ehre gelegen war, griff in solchem Maße fehl, daß er dem Kaiser, eben als dessen Friedensverhandlungen mit Friedrich ihrem Schlusse nahe waren, die besten Anerbietungen machen ließ, falls er den Krieg in gleicher Weise wie bisher fortsetzte; ihm ward alles zugesichert, was er sich dabei von Friedrichs Besitzungen aussuchen wolle. Peter aber war hierüber so entrüstet, daß er die Anträge nicht nur mit Verachtung zurückwies, sondern sie auch an Friedrich mitteilte, damit dieser den Verrat seines bisherigen Bundesgenossen einsehen möge. Schweden, dem die neue Freundschaft zwischen Rußland und Preußen am meisten Gefahr drohte, faßte sich zuerst; die Königin, Friedrichs Schwester, war sehr gern bereit, Friedensunterhandlungen einzuleiten, und so kam schnell, am 22. Mai, auch mit dieser Krone ein Friede zustande, der alle Ver-