<420>Maria Theresia hatte nunmehr zu wenig günstige Aussichten auf die Erfüllung ihrer seit Jahren gehegten Pläne, als daß sie nicht ernstlich hätte Friedensgedanken fassen sollen. Sie mußte darin um so mehr bestärkt werden, als es auch auf der Seite zwischen Frankreich und England zu gleichem Schlusse kam. Die Armee der Verbündeten unter dem Herzog Ferdinand von Braunschweig hatte in der ersten Hälfte des Jahres mehrere Siege über die französischen Armeen erfochten, obgleich Lord Bute wenig für ihre Verstärkung besorgt war. Bei Butes großer Neigung zum Frieden kam es bald zu gegenseitigen Unterhandlungen; doch setzte Herzog Ferdinand den Krieg fort, anfangs mit minder glücklichem Erfolge, dann aber krönte er die Reihe seiner ruhmvollen Taten durch die Eroberung des von den Franzosen besetzten Kassel, welche am 1. November erfolgte. Zwei Tage darauf wurden die Präliminarien des Friedens unterzeichnet, in dem Lord Bute, schmachvollerweise, fast alle Eroberungen preisgab, welche die englische Flotte in den Kolonien errungen hatte. Die beiderseitigen Bundesgenossen sollten ihrem Schicksal überlassen bleiben.
Schon hatte Friedrich, im Anfange des November, durch Vermittelung des Kurprinzen von Sachsen, Friedensanträge von österreichischer Seite erhalten; er war gern darauf eingegangen. Doch beschloß er, zumal, da die Bedingungen des englisch-französischen Friedens für sein Interesse zweideutig genug lauteten, noch einmal mit Nachdruck aufzutreten und durch ein kühnes Unternehmen das Verlangen nach Frieden ganz allgemein zu machen. Da der abgeschlossene Waffenstillstand nur Sachsen und Schlesien galt, so ordnete er einen raschen Streifzug gegen die Stände des deutschen Reichs, die feindlich gegen ihn aufgetreten waren, an. Ein ansehnliches Korps drang in Franken ein und durchstreifte fast das ganze Reich, allenthalben, namentlich von Nürnberg, bedeutende Kontributionen beitreibend. Ein allgemeiner Schrecken ging vor diesen Scharen her. Es wird erzählt, daß, als 25 preußische Husaren der freien Reichsstadt Rothenburg an der Tauber mit Sturm drohten, diese sich willig dazu verstanden habe, die fürchterlich ausgesprochene Gefahr mit einer außerordentlichen Brandschatzung abzukaufen. Auch bis nahe vor Regensburg kamen die preußischen Scharen; die Herren des Reichstages sahen sich ermüßigt, den dortigen preußischen Gesandten, den sie bis dahin mit bitterfeindlichem Sinne verfolgt, um Rettung anzuflehen, die er ihnen auch gewährte. Ungefährdet und mit reicher Beute beladen, zog das ganze preußische Korps nach Sachsen zurück. Der Erfolg war, wie ihn Friedrich gewünscht hatte. Die Reichsstände verloren die Lust, sich noch ferner für Österreichs Privatinteresse aufzuopfern. Sie erklärten sich einer nach dem andern für neutral, zogen ihre Kontingente ohne weiteres von der Reichsarmee zurück und suchten sich mit Friedrich auszusöhnen. Auch Mecklenburg