<447>Dieser Friedensbruch fachte urplötzlich das alte Feuer der Eifersucht zwischen der Pforte und Rußland zur lodernden Flamme an. Der russische Gesandte in Konstantinopel ward ohne weiteres ins Gefängnis abgeführt; der Divan des Sultans erklärte dem Petersburger Hofe den Krieg. Friedrich, der sich höchst ungern mit in den Krieg verwickelt sah, suchte den Frieden zu erhalten, doch waren seine Unterhandlungen umsonst; er zahlte somit an Rußland die bundesmäßige Geldhilfe. Aber die Pforte hatte sich im höchsten Maße übereilt; sie war noch auf keine Weise gerüstet. Rußland erfocht glänzende Siege und besetzte bedeutende Landstrecken des türkischen Gebietes.
Die schnellen Fortschritte seines Bundesgenossen konnte Friedrich indes nicht ohne Besorgnisse ansehen; es stand wohl zu befürchten, daß er aus einem Verbündeten zum Diener herabgedrückt werden könne. Er sah sich somit nach einer andern Seite um, das verlorne Gleichgewicht wiederherzustellen; und nun begegneten sich die Staaten, die solange einander feindselig gegenübergestanden hatten, in gleichem Interesse. Österreich konnte die russischen Fortschritte ebensowenig gleichgültig ansehen wie Preußen.
Joseph II., geboren im Jahr 1741, war seinem Vater im Jahr 1765 als Kaiser und als Mitregent der österreichischen Erblande gefolgt. Ihn hatten die Taten Friedrichs mit hoher Bewunderung erfüllt; ihm schien kein Los ruhmvoller, als ebenso — oder vielleicht noch gewaltiger — der Freiheit des menschlichen Geistes Bahn zu brechen, als seinen Namen mit ebenso unvergänglicher Schrift in die Tafeln der Geschichte einzugraben. Hätte er Friedrichs kalte Besonnenheit und Charakterstärke besessen, hätte ihn das Geschick nicht zu früh von seiner dornenvollen Bahn abgerufen, er würde das Größte vollbracht haben. Schon im Jahre 1766, als