<497>auch das gesamte deutsche Land hatte an seiner Größe sich auferbaut, aus seinem Heldenstreben hohe Kräftigung in sich gesogen, an der Weisheit seines Regimentes sich erwärmt und entzündet. Das war der schönste Lohn seiner Mühen; aber um diesen Lohn vollständig zu genießen, um sich zu überzeugen, daß er alles erreicht habe, was er erstrebt, verlangte er auch noch den Anblick derjenigen Blüten, die das einzige Kennzeichen der höhern Entwickelung sind, den Anblick einer frischen, schöpferischen Tätigkeit im Bereiche der Wissenschaft und Poesie. Ihm stand das Leben des Geistes zu hoch, als daß er sich nicht innig gesehnt hätte, sein Volk auch darin unter den Ersten hervorleuchten zu sehen. Und auch dieses Glückes, dieser edelsten Befriedigung seiner Wünsche hätte er teilhaftig werden können. Seit er dem deutschen Volke seine alte Würde zurückgegeben, war schnell eine Schar der regsamsten, gediegensten Geister erwacht, die in Schrift und Rede den Preis der deutschen Wissenschaft verkündeten, und Lieder klangen durch das deutsche Land, wie sie seit den schönen Zeiten der Minnesänger nicht gehört waren. Den Namen eines Klopstock, eines Lessing hatten sich bereits die eines Winckelmann, Herder, Wieland, Goethe und vieler anderer angereiht, die keinem der gefeiertsten Namen der Fremde nachstehen. Aber Friedrich kannte sie nicht, und, was trauriger ist, er hatte nicht den Sinn, ihre Sprache zu verstehen. Er, der für einen Gedanken von Voltaires Henriade die ganze Iliade Homers herzugeben geneigt war, vermochte nicht über die Schranken hinauszublicken, welche die höfische Etikette der französischen Poesie um sich und um ihn gezogen. Er ahnte so wenig, in welchem Boden die Kraft und die Schönheit unserer Sprache und Poesie wurzelte, daß er, als der Professor Myller in Berlin ihm die große Sammlung der schönen Gedichte des deutschen Mittelalters widmete, die er mit sorgenvoller Mühe zustande gebracht, nichts weiter zu antworten wußte, als: die Gedichte seien keinen Schuß Pulver wert. So mußte er, weil er dem deutschen Sinne sich abgewandt, darben mitten im Überflusse; so vereinsamte er mitten unter den Zeugnissen eines reichen heitern Lebens, die vorzugsweise durch die großen Taten seines Lebens hervorgerufen waren; so ging der tröstende, der erhebende Zuspruch der deutschen Muse an seinem Ohre unvernommen vorüber. Und dennoch, obgleich er sein Volk noch in all der Roheit befangen glaubte, die in den Zeiten seiner Jugend vorherrschend war, dennoch hielt er die freudige Zuversicht aufrecht, daß der Geist des deutschen Volkes sich dereinst in glänzender Herrlichkeit offenbaren müsse und daß die Äußerung seiner Kraft sich über alle Lande ausbreiten werde. Er schrieb, im Jahre 1780, eine ausführliche Abhandlung « über die deutsche Literatur, über die Fehler, die man ihr vorwerfen kann, über deren Ursachen und über die Mittel, durch welche sie zu verbessern sind ». Die