<505>Der April brachte die ersten warmen Tage, und Friedrich hoffte, obgleich die Krankheit immer mehr vorgeschritten war, von der Verjüngung der Natur auch eine neue Belebung seiner Kräfte. Die Strahlen der Sonne, die milde Frühlingsluft taten ihm wohl, und gern genoß er diese Erquickung, indem er sich auf die sogenannte grüne Treppe vor dem Potsdamer Schloß, wo er den Winter zugebracht, einen Stuhl hinausbringen ließ und sich dort ruhte. Einst bemerkte er, daß die beiden Grenadiere, die an jener Treppe Schildwache standen, das Gewehr scharf beim Fuß behielten, während er sich der Ruhe überließ. Er winkte einen von ihnen zu sich heran und sagte mit gütigem Tone: « Geht ihr nur immer auf und nieder. Ihr könnt nicht so lange stehen, als ich hier sitzen kann! »
Noch im April zog er auf sein geliebtes Landhaus hinaus. Mehrmals versuchte er hier auf seinem getreuen Condé einen kurzen Spazierritt, aber die Kräfte ließen immer mehr nach. Die Ärzte wußten keine Hilfe mehr. Auch die Ankunft des berühmten hannoverschen Leibarztes Zimmermann, der zwar angenehme Unterhaltung und Zerstreuung zu bringen imstande war, blieb im übrigen ohne Erfolg. Im Anfange des Sommers hatte sich die Wassersucht vollständig ausgebildet. Friedrich litt unendlich, liegen konnte er gar nicht mehr, Tag und Nacht mußte er auf dem Stuhle sitzend zubringen. Und dennoch zeigte er auch jetzt nur Heiterkeit und Zufriedenheit, dennoch ließ er kein Zeichen von Schmerz blicken, kam keine Klage über seine Lippen. Trat ihn über Nacht bisweilen die Engbrüstigkeit zu heftig an, so rief er ganz leise, um die im Nebenzimmer schlafende Bedienung nicht zu wecken, einen der beiden Lakaien, die bei ihm wachten, zu sich und bat ihn in den freundlichsten Ausdrücken, ihm eine Weile den Kopf zu halten. Eines Morgens fragte er einen Laufer, der die Wache hatte, welche Zeit es sei; als dieser sagte, daß es eben zwei Uhr geschlagen habe, antwortete er: « Es ist noch zu früh, wollen sie (die Kammerdiener) noch schlafen lassen. » Dem Herzoge von Kurland, der ihn in dieser schweren Zeit besuchte, sagte er scherzend: wenn er einen guten Nachtwächter brauche, so bitte er sich dieses Amt aus, er könne des Nachts vortrefflich wachen. Und bei alledem gingen auch jetzt noch die Regierungsgeschäfte unausgesetzt ihren Gang fort. Die Kabinettsräte, die sonst gewöhnlich um 6 oder 7 Uhr erschienen, wurden jetzt bereits um 4 oder 5 Uhr morgens vor ihn berufen. « Mein Zustand (so kündigte er ihnen diese, freilich unbequeme Neuerung an) nötigt mich, Ihnen diese Mühe zu machen, die für Sie nicht lange dauern wird. Mein Leben ist auf der Neige; die Zeit, die ich noch habe, muß ich benutzen. Sie gehört nicht mir, sondern dem Staate. »