<67>Der Prediger sandte in den ersten Tagen nach Kattes Hinrichtung täglichen Bericht an den König über die Sinnesänderung des Kronprinzen. Aber er fügte auch hinzu, daß der Prinz wegen seiner anhaltenden Traurigkeit in eine Gemütskrankheit fallen dürfte, und er bat den König, dem Sohne das Wort der Gnade nicht mehr lange vorzuenthalten. Der König verlieh dem Prediger ein geneigtes Gehör. So durfte dieser denn schon am 10. November dem Prinzen die Mitteilung machen, daß der König ihm zwar noch nicht gänzlich verzeihen könne, daß er aber des scharfen Arrests entlassen werden und sich nur innerhalb der Festungsmauern halten solle, und daß er fortan als Rat in der neumärkischen Kammer zu Küstrin werde beschäftigt werden. Die Erscheinung der väterlichen Gnade erschütterte den Kronprinzen so, daß er an der Wahrheit der Nachricht zweifelte und die Tränen nicht zurückzuhalten vermochte; nur erst der Anblick des königlichen Handschreibens an den Prediger konnte ihn davon überzeugen. Zugleich aber hatte der König verlangt, der Kronprinz solle vor einer besonders dazu verordneten Deputation einen Eid ablegen, daß er seinem Willen und Befehle in Zukunft den strengsten Gehorsam leisten und alles tun werde, was einem getreuen Diener, Untertan und Sohne zukomme; er hatte ihn nachdrücklich auf die Bedeutung eines Eides aufmerksam machen lassen und hinzugefügt, daß, wenn er den Eid je brechen sollte, er sein Recht auf die Thronfolge, vielleicht auch das Leben verlieren würde. Der Kronprinz erklärte sich zu diesem Eide bereit, ließ aber auch den König ersuchen, ihn denselben zuvor zukommen zu lassen, damit er seinen Schwur vollkommen in Erwägung ziehen und mit wahrer Überzeugung aussprechen könne. Der König gewährte die Bitte.
Bis die Einrichtungen zur Aufnahme des Prinzen in das Kammerkollegium und zu seiner künftigen Wohnung fertig waren, blieb er noch im Gefängnisse und fuhr mit dem Prediger in jenen erbaulichen Betrachtungen fort. Am 17. November kam endlich die vom König verordnete Deputation in Küstrin an. Nachdem Friedrich vor derselben den Eidschwur abgelegt, erhielt er Degen und Orden zurück, ging zur Kirche und nahm das Abendmahl. Der Hofprediger hatte mit Beziehung auf das Schicksal seines hohen Zuhörers zum Texte der Predigt die Worte des Psalmes gewählt: « Ich muß das leiden, die rechte Hand des Höchsten kann Alles ändern. » Dann schrieb Friedrich noch einen besondern Brief an den König, in welchem er seine Unterwerfung bekannte, noch einmal um Verzeihung bat und die Versicherung gab, daß es nicht die Beraubung der Freiheit, sondern die Änderung seines eigenen Sinnes gewesen sei, was ihm die Überzeugung seines Fehltrittes gegeben habe. Noch aber hatte der König nur erst dem Sohne, nicht dem Oberstleutnant Friedrich