1. AN FRAU VON ROCOULLE.
Rheinsberg, den 23. November 1737.
Madame,
Mit dankbarer Rührung habe ich Ihren Brief und den beigefügten Geldbeutel empfangen. Sie vermehren, Madame, die Summe der Verbindlichkeiten, welche ich Ihnen schon schuldig bin, durch das Geschenk einer Arbeit, welche Sie für mich in Ihrem glücklichen Alter verfertigten. Ich versichere Sie, dass Sie mir eine grosse Freude gemacht haben. Es ist mir ein Beweis Ihrer Gesundheit und guten Kräfte, aber auch ein Beweis Ihrer Freundschaft für mich. Beides ist mir gleich angenehm, und so habe ich denn ein Gläschen auf die Gesundheit meiner lieben, guten Mutter getrunken. Ich nenne Sie Mutter, und hoffe, dass Sie diesen Namen mir erlauben werden. Er gehört Ihnen gewissermassen, in Betracht der Sorgen und Mühe, welche Sie auf die Bildung meiner jungen Jahre verwendet haben. Ich versichere, dass ich es nie vergessen werde; denn Sie sind, nächst meinen Aeltern, die Person, gegen welche ich die meiste Verpflich-tung fühle.
Nehmen Sie, ich bitte, diese Kleinigkeit,205-a welche ich Ihnen hier beischliesse, als ein Zeichen meines Andenkens, und glauben Sie, Madame, dass der übersandte Geldbeutel mir lieber ist, als wenn ich ihn von jedem Andern mit Pistolen gefüllt erhalten hätte.
<206>Empfangen Sie meine besten Wünsehe für Ihre Gesundheit und Ihre Erhaltung, und überzeugen Sie sich von der Achtung, mit welcher ich bin,
Meine Liebe Madame,
Ihr treu affectionirter Freund.
205-a Es war Friedrich's Bildniss in Miniatur.