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20. VON DEM KÖNIGE FRIEDRICH WILHELM I.

Potsdam, den 28. August 1731.



Mein lieber Sohn,

Ich habe Deinen Brief wohl erhalten und mit Freuden ersehen, dass Du Dich itzo zur Practique der Haushaltung appliciren wollest, nachdem Du die Theorie ziemlich sollst gelernt haben; daher es itzo freilich auf die Uebung und Practique in der Oekonomie ankommt. Du schreibst mir auch, dass Du itzund lieber ein Soldat sein wollest; doch glaube ich, dass Dir dieses nicht recht von Herzen gehe und Du mir nur flattiren wollest, da Du doch weissest, was ich vom Flattiren halte. Denn Ich Dich von Jugend auf wohl habe kennen lernen, auch Alles angewandt habe, Dir eine rechtmässige Ambition, Lust und Inclination zum Soldatenhandwerk zu inspiriren. Ich habe aber nicht reussiret, weil Du die Ambition in Hoffart verkehret hast, und, anstatt einer rechten Lust, Liebe und Application zum Handwerk, einen rechten Widerwillen dagegen getragen, dass es alle Leute observiren können, dass es Dir kein Plaisir, sondern eine rechte Last sei. Wie Du denn auch Dich gegen Fremde und Einheimische darüber beklaget hast, und ein Soldat, der Ambition und rechtschaffene Lust dazu hat, wie Ich Dir tausendmal gesaget habe, auch eine Inclination haben muss zu Allem dem, was männlich ist und nicht zu dem, was weibisch ist; dass er sich selbst nicht schonen, sondern sich sogleich exponiren und einfinden muss, wenn es Occasionen giebt, sich zu zeigen; der ferner nach keiner Kälte noch Hitze was fraget, noch nach Hunger und Durst, und die stärksten Fatiguen, die da sein können, gerne ausstehet. Du aber hast in allen Stücken gegen Mich einen Abscheu davor gezeiget, und wenn es auf Jagden, Reisen und andere Occasionen angekommen, hast Du alle<21>zeit gesuchet, Dich zu schonen, und lieber ein französisches Buch, des bons mots oder ein Komödien-Buch, oder das Flötenspiel gesuchet, als den Dienst oder Fatiguen. Du hast ferner eine Compagnie gehabt,3_21-a die gewiss schön, gut und tüchtig war, und doch habet Ihr Euch gar nicht darum bekümmert, daher Ich glaube, wenn Ich Dich ja wieder zum Soldaten machte, dass es Dir doch nicht von Herzen gehen werde. Aber, was gilt es, wenn Ich Dir recht Dein Herz kitzelte, wenn Ich aus Paris einen maître de flûte mit etlichen zwölf Pfeifen und Musique-Büchern, imgleichen eine ganze Bande Komödianten und ein grosses Orchester kommen liesse, wenn Ich lauter Franzosen und Französinnen, auch ein paar Dutzend Tanzmeister nebst einem Dutzend petits-maîtres verschriebe, und ein grosses Theater bauen liesse, so würde Dir dieses gewiss besser gefallen, als eine Compagnie Grenadiers; denn die Grenadiers sind doch, nach Deiner Meinung, nur Canailles, aber ein petit-maître, ein Französchen, ein bon mot, ein Musiquechen und Komödiantchen, das scheinet was Nobleres, das ist was Königliches, das ist digne d'un prince. Dieses sind Deine Sentiments, wenn Du Dich recht prüfen willst; zum wenigsten ist Dir dieses von Jugend auf von Schelmen und Huren eingeflösset worden, und hast Du diese Sentiments gehabt bis in Cüstrin. Nun weiss Ich nicht, wie Deine itzigen Inclinationes sind, also Ich auch Deine weitere Aufführung sehen muss, ob es Dein aufrichtiger Ernst sei, Dich mehr und mehr zur Wirthschaft zu appliciren, und Mir, Deinem Vater und Herrn, Deinen kindlichen und unterthänigen Gehorsam zu erzeigen, höflich und obligeant gegen alle Leute zu sein und eine veritable Ambition zu haben. Denn die Ambition, die moderiret ist, ist recht und löblich, hingegen die Hoffart stinkend, und ist gegen Gottes Willen und ein Abscheu der Menschen. Also werde Ich erst zusehen, ob Du ein guter Wirth werden wirst,<22> und ob Du mit Deinem eigenen Gelde nicht mehr so liederlich umgehen wirst, als Du vordem gethan; denn ein Soldat, der kein Wirth ist, und mit dem Gelde nicht auskommen kann, sondern nichts sparet und Schulden machet, dieses ist ein recht unnützer Soldat. Denn der König Carl XII. von Schweden war sonst ein braver und herzhafter Soldat, aber er war kein Wirth; wenn er Geld hatte, schmiss er solches weg; darnach, da er nichts mehr hatte, crepirte die Armee und musste totaliter geschlagen werden, wodurch dieser Herr in das grösseste Verderben kam, weil er nach seiner Wiederkunft in sein Land überall Mangel an Gelde hatte, und also seinen Feinden zum Raube wurde; denn wenn er bei guten Zeiten sein Geld zu Rathe gehalten hätte, so würde er seinen Feinden nicht die Oberhand haben lassen müssen, und wenn er schon geschlagen wäre, würde er sich doch bald haben herstellen können. Es ist auch an vielen Officieren solches zu sehen, wie Du solches selbst weissest. Also, zum Exempel, die Capitains, so gute Wirthe sind und nichts von Hause haben, haben doch meistens die besten Compagnien bei der Infanterie. Aber die Capitains, welche zuzusetzen haben, aber dabei keine Wirthe sind, verdepensiren Alles und haben doch schlechte Compagnien. Wer aber Mittel zuzusetzen hat, und dann auch ein guter Wirth ist, dessen Compagnie ist allezeit die beste. Also vermahne Ich Dich, dass Du Dich recht auf Deine eigene Menage und Haushaltung befleissigest, Dein Geld wohl handthierest, fleissig Acht giebest, wie man einen Umschlag machen und die Sachen, die nöthig sind, wohlfeiler kaufen und also jedesmal etwas ersparen könne; und dass Du Dein Geld nicht für Döschens, Etuichens, bernsteinerne und andere Bagatellen verschwendest. Alsdann wenn Ich sehen werde, dass Du ein guter Wirth wirst, und selbst mit Deinen Sachen vernünftig haushalten lernest, und dabei eine gute Conduite und schuldigsten Respect und Gehorsam gegen Mich haben wirst, Ich auch bei Dir eine ernstliche Inclination zum Soldatenwesen verspüre, so<23> werde Ich Dich wieder zum Soldaten machen. Ich bin übrigens mit väterlicher Liebe Dein getreuer Vater bis in Tod,

Fr. Wilhelm.


3_21-a Siehe oben, Seite 6.