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III. UND IV. INSTRUCTION FÜR DIE REGIMENTER INFANTERIE UND INSTRUCTION FÜR DIE REGIMENTER CAVALLERIE UND DRAGONER.[Titelblatt]

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INSTRUCTION FÜR DIE REGIMENTER INFANTERIE UND INSTRUCTION FÜR DIE REGIMENTER CAVALLERIE UND DRAGONER.

AN DEN FÜRSTEN LEOPOLD VON ANHALT-DESSAU.

Ottmachau, den 28. März 1741.



DURCHLAUCHTIGSTER FÜRST,
FREUNDLICH GELIEBTER VETTER,

Ew. Liebden habe hierbei in Abschrift communiciren wollen, was für Ordre Ich an die hiesigen Regimenter, sowohl Infanterie, als Cavallerie, verschiedener den Dienst angehender Sachen wegen gestellet, und werden Ew. Liebden Mir gewiss ein angenehmes Vergnügen machen, wenn Dieselben Mir Dero Sentiment darüber und was etwa hierunter noch zu ändern oder zuzusetzen nöthig sein dürfte, ganz frei eröffnen wollen. Ich werde solches baldmöglichst erwarten und bleibe übrigens



Ew. Liebden

freundwilliger Vetter,
Friderich.

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INSTRUCTION FÜR DIE INFANTERIE.

Ich habe für nöthig gefunden, die Officiere von Meiner Infanterie mit nachstehender Instruction zu versehen, damit selbige genau wissen, wie sie sich bei Besetzung der Dörfer, Escorten und anderen dergleichen Commando-Sachen zu verhalten haben, welche Meine Instruction Ihr ihnen sämmtlich publiciren, auch wohl bekannt machen, demnächst aber darauf halten sollet, dass solcher in allen Stücken auf das exacteste nachgelebet werden müsse, und zwar:

1.

Wenn die Officiere von der Infanterie Dörfer besetzen müssen, so sollen sie die Schildwachen ausserhalb des Dorfes setzen und zwar nicht weiter von der Wache, als hundert Schritt; wenn es nöthig, mehrere Schildwachen vorwärts zu setzen, wiederum hundert Schritt, und so ferner von hundert zu hundert Schritt. Auf jeden Posten müssen zwei Schildwachen gesetzet werden, aus der Ursache, dass, wenn sie etwas sehen oder hören, einer davon die Wache avertiren, der andere aber den Posten besetzt halten kann.

2.

Wenn die Schildwache des Nachts jemand, er sei wer er wolle, zweimal anrufet und selbiger antwortet nicht, so soll die Schildwache nach dem zweiten Anruf gleich Feuer auf ihn geben, und haben die Officiere insonderheit ihre Schildwachen jedesmal sehr wohl zu instruiren, damit solche beständig vigilant und alerte seien, und ist besonders von den Husaren und dergleichen flüchtigen Feinden zu besorgen, damit solche sich nicht glupisch, ihrer Gewohnheit nach, heranschleichen und die Schildwache massacriren, damit solche keinen Lärm machen kann. Die Ronden und Patrouillen sol<29>len gleichfalls wohl instruiret werden, dass solche den Schildwachen, wenn diese zum ersten Male anrufen, gleich antworten, wer sie sind und damit nicht warten, auf dass darunter kein Missverständniss geschehe, wie denn eine Ronde oder Patrouille, so auf den ersten Anruf der Schildwache nicht antwortet, sich selbst beizumessen hat, wenn nach dem zweiten Anruf Feuer auf sie gegeben wird, der Schildwache aber, so solches gethan, deshalb keine Verantwortung noch Schuld beizulegen ist.

3.

Wenn in den Dörfern Unter-Officier-Postirungen von sieben oder acht Mann sind und auf solche was feindliches käme und sie attaquirte, so muss der Unter-Officier seine Leute hinter die Wagen, da der Weg mit zugemachet worden, treten lassen, seine Leute aber nicht auf einmal Feuer geben lassen, wodurch er sich verschiessen würde, sondern nur immer zwei und wieder zwei Mann feuern, dergestalt er vier Feuer hat und sich nicht verschiessen, sondern seinen Posten so lange mainteniren kann, bis das Piquet zu Hülfe kommt.

4.

Die Officier-Posten müssen bei nächtlichen Attaquen, und zwar auf Husaren, ordentlich Heckenfeuer machen; dahero der Officier des Abends zuvor seine Rotten recht eintheilen und seine Leute wohl zu instruiren hat, wie die Rotten nach einander schiessen müssen. Der Officier commandirt die Hälfte, der Unter-Officier aber die andere Hälfte von diesem Heckenfeuer.

5.

Wenn das Piquet heranrücket an den Ort wo der Lärm ist, muss solches in zwei Pelotons getheilt sein, und dergestalt lässt der Offi<30>cier solches heranrücken und schiesst das Pique! mit Pelotons, doch so, dass allezeit ein Peloton das Gewehr auf der Schulter hat, und also ein beständiges Feuer ist. Wenn dieses alles mit guter Ordnung geschieht, so repondire ich dem Officier, dass der Feind allemal die Flucht nehmen wird.

6.

Bei jedem Dorfe sollen Feuer-Fanale gemacht werden, auf dass, wenn ein Dorf attaquiret oder Lärm wird, durch Ansteckung der Feuer-Fanale die andern umliegenden Dörfer sogleich davon avertiret werden und zum Succurs kommen können. Auf die Kirchthürme in den Dörfern sollen allemal Schildwachen oder ein Unter-Officier gestellet werden, auf dass solche, wenn was passiret, die Garnison des Dorfes sogleich davon avertiren, auch, wenn des Nachts in den umliegenden Gegenden ein Fanal brennt, sie solches sofort anzeigen und melden können.

7.

Wenn ein Dorf sehr lang aus einander lieget und zwischen den Häusern viele Wege durchgehen, so unmöglich alle besetzt werden können, so müssen die Hauptstrassen, sonderlich die, so nach dem Feind gehen, besetzet werden, die Officiere aber sollen sogleich nach ihrem Einmarsch in das Dorf, zwischen den Häusern wo dergleichen Nebenwege gehen, von den Bauern Gräben verfertigen lassen; so dass bei nächtlicher Weile keine Husaren oder dergleichen flüchtiges Gesindel passiren kann, sondern, wenn sie solches versuchen wollen, in die ihnen unbekannten Gräben fallen und auch dadurch Alarm machen und sich verrathen. In einem jeden Hause des Dorfes soll überdem des Nachts hindurch ein Licht brennen, damit, wenn etwas feindliches sich näherte, solches nicht anders urtheilen kann, als dass alles wach sei. Weil auch die Quartierstände stark beleget <31>sind, so sollen in jedem Quartier ein oder zwei Bursche allemal wach sein, die, bei dem geringsten vorfallenden Lärm, die andern Bursche avertiren und ermuntern müssen, damit solche sämmtlich ihr Gewehr ergreifen. Die Bursche, so in einem Hause zusammen liegen, sollen allemal in zwei Pelotons und drei Glieder getheilet sein, auch jedes Glied und Peloton sein Gewehr dergestalt zusammenstellen, die Patrontaschen und Seitengewehre daran hängen, damit auf den ersten Lärm sie gleich fertig ihr Gewehr zu ergreifen und solchergestalt, sogleich formiret aus dem Hause gehen; das erste Glied muss seine Baïonnette schon auf dem Gewehr stecken haben, die andern beiden Glieder aber wie gewöhnlich. Von diesen beiden Pelotons commandiret das eine der Unter-Officier, das andere aber ein guter Gefreiter.

8.

In dergleichen langen Dörfern sollen auch von Viertelstunde zu Viertelstunde Patrouillen in dem ganzen Dorfe auf- und niedergehen, dass nicht das geringste geschehen könne, wovon nicht sogleich Lärm gemacht wird, dass also, wenn alle diese Anstalten richtig und wohl observiret werden, es unmöglich ist, ein Dorf zu surpreniren.

9.

Wenn ein Officier in einer Schanze oder Redoute commandiret ist, da er entweder mit fünfzig oder mit hundert Mann darin lieget, so muss derselbe alerte und fleissig sein, seine Ronden und Patrouillen an die Oerter, so ihm diese angewiesen werden, ordentlich und oft beschicken, wenn er aber feindliche Truppen entweder auf ihn, oder auf die Posten, welche die Schanze oder Redoute bedecken sollen, exempli gratia eine Brücke, Circumvallations-Linie, u. s. w., zukommen siehet, so muss er, sobald die feindlichen Truppen auf ihn oder neben ihn kommen und er solche wirklich für Feinde erkennt, <32>anlangen auf sechs hundert Schritt zu feuern und damit continuiren so lange der Feind auf ihn avancirt; er muss alsdann auf Ehre und Reputation seinen Posten bis auf den letzten Blutstropfen defendiren, wo er nicht entweder von Mir oder dem Officier, der ihn commandiret hat, Ordre bekommt, solchen Posten zu verlassen. Es kann ein dergleichen Officier, wiefern er sich nicht überfallen lässt, nichts zu befürchten haben, indem man ihn nie weiter setzet, als dass man im Stande ist, ihn bei dem ersten Lärm zu secundiren.

10.

Wenn ein Officier von der Infanterie mit einem Detachement etwas zu escortiren commandiret wird, und zwar entweder Munitions-Karren, Proviant, Bäckereien, Korn, oder was es sonsten ist, so marschiret er mit der Hälfte seines Commandos vorn, mit der andern Hälfte aber hinter demjenigen, so ihm zur Escorte gegeben wird.

11.

Wenn er sollte attaquiret werden, so soll er sich mit seinem Commando gleich so setzen, dass er kann den Rücken frei haben, und muss er, so gut er kann, die Wagen zusammenfahren lassen, um solchergestalt seinem Feinde mit guter Contenance tapfer und unverzagt zu begegnen, und weil dergleichen Anfälle ordinär von den Husaren oder von Infanterie, die in die Büsche geleget wird, geschehen, so muss dergleichen Officier allemal Avantgarde machen, so nach Proportion seines Commando's ohngefähr der zwölfte Theil sein muss, und diese Leute mit einem dabei seienden guten Unter-Officier vorausschicken, um die Büsche, Hecken, Zäune und Dörfer zu visitiren, ob was feindliches darinnen sei; er mit seinem Commando muss aber nicht weiter als drei hundert bis vier hundert Schritt davon bleiben. So wie der Unter-Officier was feindliches <33>vermerket, avertirt er seinen Officier davon, welcher nach Gelegenheil der Umstände seine Defense danach einrichten muss. Als wenn er viele Wagen bei sich hat und er auf flachem Felde ist, auch keine Dörfer, noch Hecken gewinnen kann, so muss er eine Wagenburg oder eine Espèce von Carré machen und hinter den Wagen beständig auf den Feind feuern; wenn es Husaren sind, das Heckenfeuer auf sie machen, sonsten aber pelotonsweise und mit einem beständigen Feuer fortfahren, bis er den Feind verjaget hat. Hat er hinter, oder neben, oder auch vor sich ein Dorf, Hecken. Gräben, holen Weg, dahinein die Zeil ihm erlaubet sich zu setzen, muss er vorerst die Wagen, so er zu escortiren hat, hineinfahren lassen, sich indessen mit seinem ganzen Commando davor setzen, um sie zu bedecken, nachgehends, wenn es ein Dorf ist, sich auf den Kirchhof des Dorfes, oder in die Hecken, hinter den Zaun, so er zur Defension am bequemsten findet, sich setzen und vorgedachtermassen mit einem beständigen Feuer auf den Feind continuiren, bis er solchen verjaget hat, alsdann er seinen Marsch nach dem Orte, so ihm der Escorte wegen angewiesen worden, weiter fortsetzen soll. Sollte er von Infanterie attaquiret werden, so soll er pelotonsweise schiessen lassen, doch so, dass er sich nie verschiesst und immer die Hälfte davon das Gewehr auf der Schulter hat.

Ich befehle demnach nochmalen, dass Ihr alles Vorstehende den sämmtlichen Officieren des Regiments wohl und gründlich bekannt machen, auch bei jedem Commando ihnen solches wiederholen sollt, und habe Ich das Vertrauen, ein jeder Officier werde in vorfallenden Gelegenheiten allem diesem mit rechtschaffener Bravour so nachkommen, wie es die Ehre der preussischen Waffen und seine eigene Reputation erfordert, auch dadurch zeigen, was er als ein ehrliebender Officier zu thun vermögend ist. Diejenigen Officiere nun, welche diesem gehörig nachleben und sich, wie tapfern und ehrli<34>chen Soldaten gebühret, verhalten weiden, verspreche Ich in allen Gelegenheiten zu distinguiren und für ihr Glück und Avantage zu sorgen; dahergegen, wenn wider alles Vermuthen ein Officier sich vergessen und sein Devoir nicht thun oder gar eine Lâcheté begehen sollte, so hat derselbe nichts anderes zu gewärtigen als den Verlust von Ehre und Reputation, und dass ein solcher dergestalt von der Armee geschafft werde. Ich bin, u. s. w.

Strehlen, den 26. März 1741.

INSTRUCTION FÜR DIE CAVALLERIE UND FÜR DIE DRAGONER.

Damit ein jeder Officier von der Cavallerie genau wisse, wie er sich zu verhalten hat, wenn er auf Feldwachen oder zur Avantgarde commandiret wird, auch was er bei Aussetzung der Feldposten zu observiren hat, so habe Ich für nöthig gefunden nachstehende Instruction deshalb zu ertheilen, und zwar:

1.

Wenn ein Officier von der Cavallerie mit einer Feldwache ausgesetzet wird, so muss sein erstes Studium sein, das Land, wo der Krieg geführet wird, wohl zu kennen, damit er weiss, wo und an was für Orten der Feind stehet und welche Wege nach dem Feinde zu gehen; kurz, er muss die Gegenden und deren Avenues wohl kennen lernen und Kenntniss haben, wie der Feind stehet und zu ihm kommen kann.

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2.

Wenn eine Feldwache commandiret wird, so muss die erste Regel sein, solche nicht dicht bei einem Holze oder Gebüsche zu setzen, sondern auf eine Fläche oder einen Grund, da sein Posten nicht so sehr gesehen werden kann, das Gesicht nach dem Orte zu, wo der Feind stehet.

3.

Muss er auf die Höhen, so vor ihm sind, seine Posten und Vedetten aussetzen, allemal zwei und zwei zusammen, drei hundert und vier hundert Schritt voraus, auf einem hohen Orte so postiret, dass die Posten alles sehen können, was an sie kommt, und dass sie nicht durch Büsche, Gräben. Hecken beshlichen werden können, ohne es weit vorher zu sehen.

4.

Sobald sich das geringste sehen lässt, müssen die Vedetten, und zwar einer von dem Posten, die Feldwache davon avertiren, der andere aber inzwischen auf seinem Posten bleiben. Die Feldwache muss alsdann das Commando oder den Officier, so sie ausgesetzet hat, ohngesäumt davon avertiren, ihren Posten aber durchaus nicht verlassen, sondern auf solchem bleiben, bis sie hiezu von dem commandirenden Officier, welcher die Feldwachen ausgesetzet, beordert wird. Die Feldwachen aber sollen nicht weiter ausgesetzet werden, als dass sie sogleich secundiret werden können; exempli gratia für ein Dorf, darinnen Cavallerie stehet, muss die Feldwache bis sechs hundert Schritt ohngefähr davon stehen; des Nachts ziehen die Feldwachen ihre Posten näher heran, damit alles dicht besetzt wird.

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5.

Wenn Officiere commandirt werden Avantgarden zu haben, so müssen solche alsdann jedesmal Patrouillen ausschicken, und zwar sowohl vorwärts, als rechter und linker Hand, und alle Büsche, Hecken, Gräben durchpatrouilliren lassen. Wenn Dörfer vorwärts liegen, müssen sie solche durch Patrouillen von drei bis vier Mann geschwinde durchpatrouilliren lassen, um zu sehen, ob was vom Feinde darinnen ist, alsdann diese Patrouillen sich wieder geschwinde zu dem Commando ralliiren müssen, worauf er gleich wieder andere Patrouillen ausschicket, wie die vorigen, und so ferner. Wenn der Officier von der Avantgarde das geringste erfahret, so muss er solches dem Officier, der ihn commandiret oder detachiret hat, ohne Zeitverlust und sogleich melden lassen.

Ihr sollet also dieses den sämmtlichen Officieren der Regimenter wohl bekannt machen und sie hiernach gründlich instruiren, damit ein jeder von ihnen accurat wisse, was er in solchen Fällen thun muss, auch im Stande sei, seinen Dienst mit solcher Accuratesse und Vigilance zu thun, wie es von rechtschaffenen, ehrliebenden und braven Officieren erfordert wird. Ich bin, u. s. w.

Strehlen, den 26. März 1741.