6. AN DENSELBEN.
Ostritz, den 27. (November 1745).
Hier sind wir fertig und ist Alles aus. Ueberhaupt haben wir drei starke Magazine gekriegt, sechzehn hundert Gefangene, über vierzig Officiers, den Feind mit grösserem Schreck und Confusion aus der Lausitz nach Böhmen gejagt, als wenn er zwei Bataillen verloren hätte. Sie desertiren zu dreissig. Den 23. des Nachmittags um zwei Uhr sind wir hier ins Land gekommen, und heute Nachmittag vor zwei Uhr haben wir sie schon aus Zittau vertrieben. Alles ist in der grössten Flucht. Unsere Husaren haben bessere Equipage, als kein Officier von der Armee; sie schleppen sich mit magnifiquen Pferden und Kutschen herum und ist Alles für Spottgeld zu haben. Wenn es nur dem Fürsten3_147-a in etwas glücket, so sind wir oben darauf. Die ganze Kurzweile <133>kostet uns nicht dreissig Todte und siebzig Blessirte. Dieses Land ist wohlfeiler erbeutet, als wie eine Fourage auf einen Tag in Böhmen. Die Oesterreicher haben keine bleibende Stätte und laufen ohne zu rasten; in einigen Tagen sind sie zu Prag. In drei Tagen so gehen unsere Patrouillen bis Dresden. Denke, welcher Schrecken es ihnen sein wird. Wären wir unglücklich gewesen, vielleicht wäre es nun eben so zu Berlin.3_147-b Gott sei Dank darvor; es gehe uns nur weiter gut, und sonderlich bei Halle, sonsten helfen unsere Anstalten und angewandten Sorgen doch nichts. Ich erwarte Zeitungen darher, nachdem ich nicht säumen werde, nach Berlin zu kommen. Gott bewahre Dich.
3_147-a Leopold von Anhalt-Dessau.
3_147-b Vor der glücklichen Expedition vom 22. bis 26. November, von welcher der König in seinen Werken, Band III., S. 171-175, spricht, war durch den andringenden österreichischen General Grafen Grünne die Gefahr für Berlin so drohend, dass der Geheime Cabinets-Rath Eichel (Band XXVI., S. 354), in einem Briefe vom 21. November 1745 (ohne Ortsangabe) an den Geheimen Cabinets-Minister Grafen von Podewils, anfragte, ob es « bei dieser terriblen Crise der Affairen » nicht rathsam sei, die precieusesten Sachen, das goldene Tafel-Service, die Insignien, nebst andern secreten Sachen und Original-Documenten in der Stille einzupacken und geheim nach Stettin zu schicken. Das Archiv-Cabinet wurde nach Stettin gebracht, das Haupt-Archiv nach Spandow.