X. REGLEMENT, WAS BEI DEM CAMPIREN DER ARMEE BEOBACHTET WERDEN SOLL.[Titelblatt]
<92><93>REGLEMENT, WAS BEI DEM CAMPIREN DER ARMEE BEOBACHTET WERDEN SOLL.
1.
Wie die Dörfer besetzt werden, darüber haben Seine Königliche Majestät bereits ein Reglement ausgegeben.101-a
2.
Wenn campirt wird, werden die Zelte nach dem Schema, so Seine Königliche Majestät sowohl in der Armee als in dem Brandenburgischen Lager101-b gegeben, aufgeschlagen.
3.
Die Lager- und Dorfwachen ziehen des Morgens um neun Uhr auf; bei derten vom rechten Flügel ist der General-Major du jour, bei denen vom linken Flügel der Oberst. Der General-Major du jour visitirt die Posten bei Tage vor der vordem Linie und der Oberst hinter der hintern Linie; der General-Major thut die Haupt-Ronde in der vordem Linie und der Oberst in der hintern Linie, der Oberst-Lieutenant du jour die Visitir-Ronde in der vordrn Linie und der Major du jour die Visitir-Ronde in der hintern Linie; auch müssen die General-Majors bei ihren Brigaden <94>sein, wenn die Wachen aufziehen. Der General-Major du jour von der Cavallerie visitirt alle Cavallerie-Posten, damit der Dienst ordentlich geschieht. Die Lagerwachen nehmen die Tornister nicht mit, wohl aber die Brodsäcke. Die Piquets nehmen drei Gezelte per Bataillon in die Redans, und wenn ein Lager lange steht, werden die Hütten gebaut.
4.
Mit allen Commando's und Lagerwachen geht ein Adjutant per Regiment mit bis auf den Sammelplatz, um zu notiren, wohin die Leute von dem Regimente auf die Wachen oder Commando's gehen.
5.
Alle Posten, wenn sie hinter einem Walle, einer Mauer oder Hecke stehen, werden zwei Mann hoch gestellt und die Officiere treten in das erste Glied ein; die Posten aber, so hinter einem Flusse, Graben oder spanischen Reitern stehen, stehen drei Mann hoch.
6.
Die Generale und Obersten du jour müssen die Officiere wohl informiren, was Seine Königliche Majestät ihnen zu thun befehlen werden, und dass sie darnach die Schildwachen auch gehörigermassen instruiren. Die Schildwachen, so wie sie einmal von Seiner Königlichen Majestät ausgesetzt oder approbirt sind, müssen nicht verändert werden, weswegen ein jeder Officier solche dem andern wohl zu überliefern hat, und die Generale und Stabs-Officiere du jour sollen dafür repondiren, dass solche nicht verändert werden; und ist dieses auch von den Feldwachen der Cavallerie zu verstehen.
7.
Die Piquets der Infanterie rücken eine Stunde vor dem Zapfenstreiche aus, und besteht selbiges per Bataillon aus einem Officier, zwei Unter-Officieren, einem Tambour und vier und zwanzig Mann, und von vier Bataillons wird ein Capitain gegeben; die <95>von der vordern Linie vorwärts mit den Fähnleinwachen in einer Linie, die von der hintern Linie hundert Schritt hinter den Secreten. Vor solchen Piquets und den Fähnleinwachen werden gleich Redans, sobald in ein Lager eingerückt wird, aufgeworfen oder spanische Reiter hingesetzt, und wenn ein Lager länger steht, werden solche Redans an einander gehängt, und werden vor jedem Piquet drei doppelte Schildwachen ausgesetzt. Die Schildwachen von solchen Piquets rufen des Nachts alle Viertelstunden an, die Aussenposten fordern das Feldgeschrei ab, die Schildwachen in den Regiment ein aber nicht.
8.
Die Fähnlein- und Brandwachen haben immer Front nach dem Bataillon; die Schildwachen, so von den Fähnleinwachen auf der Place d'armes stehen, stehn allemal auswärts der Feldflaggen; aber die Fähnleinwachen, wenn sie nebst den Piquets in einer Linie besser vorrücken, alsdann machen sie Front nach dem Feinde.
9.
Um elf Uhr wird die Parole bei Seiner Königlichen Majestät Zelte ausgegeben, um fünf Uhr Abends aber erst bei den Regimentern.
10.
Sobald in ein Lager gerückt wird, werden die Communicationes also fort gemacht.
11.
Wenn nach Wasser, Stroh, Holz, u. s. w. geschickt wird, sollen allezeit Officiere mitgehen und selbige dafür repondiren, dass sie alle die Leute wieder mit ins Lager bringen; sonst aber muss kein Soldat weder vorwärts aus der Chaine der Piquets, noch hinterwärts aus der Chaine der Piquets der hintern Linie gelassen werden. Falls auch ausser dieser Chaine Bursche waschen gehen wollen, müssen allezeit Officiere mit dahin commandirt werden; auch soll niemals ein Soldat ohne Urlaub von seinem <96>Obersten in ein anderes Regiment gehen, sondern allemal in seinem Regimente bleiben.
12.
Alle Commando's, Aussenposten der Infanterie, auch Feldwachen der Cavallerie werden nicht die Regimenter unter einander melirt, sondern auf einer jeglichen Post, wo mehr als von einem Regimente steht, stehen allezeit die von dem ältesten Regimente auf dem rechten Flügel, und so weiter, wie die Regimenter in der Anciennetät folgen.
13.
Den Commando's, so aus dem Lager gehen, wird allezeit befohlen werden, auf wie lange Zeit sie mit Brod und Geld versehen werden sollen.
14.
Wenn die Regimenter nach Brod und Fourage schicken, soll niemals nichts mehr mitgehen als wie die Fouriers und Knechte, und niemalen keine Bursche noch weniger einzelne Leute mit Gewehr.
15.
Des Morgens nach der Wach-Parade und des Abends um sechs Uhr wird Betstunde gehalten, die Leute aber ziehen sich nicht die Stiefeletten an.
16.
Bei der Reveille, Vergatterung,105-a Abtruppen, Kirchen-Paraden, General-Märschen wird bei des Königs Regiment angefangen zu locken, und folgends locken alle Regimenter nach dem rechten Flügel hinauf und nach dem linken hinunter, und so in der hintern Linie herum, damit darauf die Schläge zugleich geschehen, wornach sich dann die Cavallerie gleichmässig richtet: anstatt der Retraite blasen die Trompeter Fanfare.
<97>17.
Die Majors und Adjutanten sollen sich allemal, wenn Seine Königliche Majestät oder ein General die Linie passirt, vor den Fahnen oder Standarten finden lassen.
18.
Alle Stabs-Officiere, die aus dem Lager commandirt werden, sollen sich bei Seiner Königlichen Majestät melden, die aber in dem Lager bleiben, nicht.
Es soll kein Gewehr im Lager los geschossen, sondern wenn es nöthig, allemal ausgezogen werden; die Tambours sollen auch in keiner andern Stunde exercirt werden als des Nachmittags zwischen zwei und vier Uhr.
20.
Wenn es gutes Wetter ist, sollen die Fahnen und Feldflaggen fliegen und die Gewehrmäntel ausgebreitet werden.
21.
In den Dörfern, so besetzt werden, soll nicht zugegeben werden, dass die auswendigen Zäune eingerissen, viel weniger verbrannt werden.
22.
Die Fähnriche und Cornets thun Ordonnances und Fähnleinwache, die Lieutenants aber Commando's und Aussenposten.
23.
Wie stark die Cavallerie die Feldwachen und Piquets von beiden Flügeln geben, befehlen Seine Königliche Majestät allemal wenn in ein neues Lager gerückt wird, und müssen, wie bei der Infanterie gesagt, so wie Seine Königliche Majestät die Posten selbst ausgesetzt oder approbirt haben, niemalen nicht veränd<98>ert werden. Die Feldwachen müssen sehr hurtig, wenn Seine Königliche Majestät oder ein General kommt die Posten zu visitiren, zu Pferde sein, bei Tage immer ein Glied nach dem andern füttern, das andere aber aufgezäumt haben, und eine Stunde vor dem Abend abgefüttert; alsdann nicht mehr die Pferde müssen abgezäumt werden, und die ganze Nacht hindurch muss ein Glied um das andere aufgesessen sein. Alle Feldwachen halten nur in zwei Gliedern.
24.
Wenn die Pferde nach Wasser reiten, soll nicht das ganze Regiment auf einmal, sondern eine Compagnie nach der andern, und von jeder Compagnie muss ein Officier mitreiten, damit solches ordentlich geschieht und keiner nicht mit den Pferden jagt; wie denn alles Rennen, sowohl von Officieren als Knechten, in der Armee verboten wird.
Wenn nach Fourage geschickt wird, empfängt selbige der Regiments-Quartiermeister oder in dessen Abwesenheit ein Officier, und wird, wie oben gesagt, kein Reiter, viel weniger einer mit dem Gewehre dahin eommandirt.
26.
Sobald ein beständiges Lager, werden Ställe für die Pferde gebaut.
27.
Wenn marschirt wird, wird befohlen werden, in wie viel Colonnen die Bagage marschirt und wie die Equipage der Regimenter auf einander folgen soll, als worauf die Auditeurs und Capitaines d'armes wohl Acht haben müssen, dass die Wagen nicht anders als in solcher Ordnung fahren und sich aufeinander folgen, widrigens sie von dem, so solche Colonne Equipage führt, sehr hart werden gestraft werden, und wird noch einmal repetirt, dass nur ein Stabswagen per Regiment und per Com<99>pagnie ein Pack- und Brodwagen gut gethan wird. Die Bedeckung, so zu der Bagage gegeben wird, soll niemalen in kleine Pelotons eingetheilt sein, sondern wenigstens aus ganzen Divisions bestehen.
28.
Dass kein Officier der Infanterie, sobald er das Esponton in der Hand hat, vor keinem Menschen den Hut abnimmt, es sei denn, wenn er salvirt oder auf einem Posten steht und das Gewehr präsentiren lässt, ist öfters schon befohlen worden.
Die Regimenter, wenn sie gleich ihre Assignationes der monatlichen Verpflegungsgelder empfangen, müssen nicht eher das Geld abholen lassen, als bis es Seine Königliche Majestät befehlen, dass es auf einmal von der ganzen Armee geschieht.
30.
Kein Officier soll sich nicht unterstehen, einen Reiter oder Musketier zu seinem Dienste, es mag auch Namen haben wozu es wolle, zu gebrauchen.
31.
Wenn Kranke aus der Armee geschickt werden, werden selbige jedesmal zusammen abgesendet und, so es nöthig, Escorte dabei gegeben; in einem Standlager aber werden den Regimentern in den Dörfern Häuser angewiesen, wo die Kranken hingebracht werden und woselbst sie wohl müssen verpflegt werden.
32.
Das Pfund Fleisch, so Seine Königliche Majestät allergnädigst per Mann wöchentlich, sowohl für Gesunde als Kranke geben, dafür müssen die Commandeurs der Regimenter repondiren, dass solches die Leute richtig empfangen, und zwar in zwei unterschiedlichen Tagen, nämlich jeglichen Tag ein halbes Pfund. Auch sollen solche Commandeurs dahin sehen, dass die Leute <100>alle Tage kochen, und so sie nichts anderes haben, so müssen sie Mehl- oder jeder nur Brodsuppen kochen. Die Kochlöcher werden dergestalt gemacht, wie vorm Jahre befohlen und in dem Schema des Lagers vorgezeichnet ist, wie denn insonderheit die Cavallerie nicht in den Brandgassen kochen soll, viel weniger vor der Fronte.
33.
Muss kein Musketier noch Knecht von der Armee ausser den Posten fouragiren, noch waschen, indem ihn die feindlichen Partien enleviren können.
Hauptquartier Chrudim, den 9. Mai 1742.
Fr.
101-a Siehe oben, S. 28-31.
101-b A. a. O., S. 15ff.
105-a Siehe Bd. XXVII. II, S.146.