XX. INSTRUCTION FÜR DES PRINZEN FERDINAND VON BRAUNSCHWEIG LIEBDEN, ALS GOUVERNEUR DER FESTUNG MAGDEBURG.[Titelblatt]
<194><195>INSTRUCTION FÜR DES PRINZEN FERDINAND VON BRAUNSCHWEIG LIEBDEN, ALS GOUVERNEUR DER FESTUNG MAGDEBURG.
1.
Was die Ordnung der Garnison, die gute Disciplin unter den Officieren und die Conservation der Bürgerschaft angehet, da übergehe Ich solches, weil dieses alles sich von selbst verstehet.
2.
Wegen der Festung haben des Prinzen Ferdinand Liebden absonderlich dahin zu sehen, dass die Werke und die Brücken alle in gutem Stande erhalten werden, insonderheit aber, dass die Elbe (die öfters und fast alle Winter von Bette ändert) beständig durch Kopie oder andere Wehren und Dämme dahin gehalten werde, dass sie ihren vornehmsten Lauf zwischen der Citadelle und der Festung behalte, und zwar solches vom Fort Berge bis auf das letzte Bastion nach Lilliput hin zu.
3.
Weil in Magdeburg verschiedene Staatsgefangene sind, so müssen des Prinzen Liebden darauf halten, dass solche sorgfältig bewahret bleiben und dass sonderlich der Trenck nicht von der Kette kommet. Weil auch die Oesterreicher durch Abgeschickte <196>schon einmal tentiret haben, den Walrave214-a zu salviren, so ist es nöthig, dass auf suspecte Leute, so nach Magdeburg kommen, ein wachsames Auge gehalten wird, besonders aber, dass die Wache sich niemals in der Vigilance bei denselben relachire.
4.
Werden des Prinzen Liebden dahin sehen, dass der Platz, wo die Regimenter campiren sollen, im Herbste nicht besäet werden müsse; feiner, wenn es zum Campement gehet, dass es alsdann an keiner Art Victualien fehlet, dass die Regimenter sich Marketender anschaffen und dass keine Verkäufer aus fremden Landen geduldet werden müssen.
5.
Müssen des Prinzen Liebden wissen was für differente Schiffe von allen Grössen auf der Elbe, und zwar von Havelberg bis Magdeburg, zu haben sind, auf dass man bei einem vorfallenden Kriege wissen und sicher rechnen kann, wie viel man deren gewiss zusammenbringen könne.
Alle Märsche von Magdeburg aus nach allen Gränzen muss Er sich bekannt machen, damit auf solchen Fall die Regimenter nicht genöthiget werden die Poststrassen zu halten, sondern dass sie sich können in die Richte marschiren.
WEGEN KRIEGSZEITEN.
Es ist ausser aller Apparence, dass Magdeburg anjetzo könnte belagert werden, weil keine Nachbaren mächtig genug sind, solche Entreprise zu übernehmen; weil aber viele Sachen in der Welt geschehen können, die einige Jahre vorher nicht wahrscheinlich sind, so kann eine Belagerung von Magdeburg nicht unter die ohnmöglichen Dinge gerechnet werden. Da würde alsdann zuvörderst zu observiren sein, alle Lebensmittel, Vieh, Korn, Stroh, Heu, u. s. w., so weit man reichen kann, von den umliegenden <197>Dörfern beizutreiben, um 1. die Stadt reichlich zu versehen, und 2. dem Feinde die Lebensmittel zu benehmen.
Zur Circonvallation brauchet der Feind achtzig tausend Mann, weil er solche von den zwei Seiten der Elbe berennen muss. Um zu wissen, wo der Feind die Circonvallation machen wird, dürfen des Prinzen Liebden nur ein Viertel Weg von der Stadt ab einen Kreis herum bereiten, welches des Feindes Lager sein muss. Dann kann Er Leute haben, die Ihn von differenten Oertern alle Nächte durch abgeredete Signale von des Feindes Unternehmen avertiren können. Durch Leute, die schwimmen können, imgleichen durch Signale kann Er auch dem Landesherrn Nachricht bringen lassen, was von Tag zu Tage geschiehet. Der Platz ist leicht zu entsetzen, weil die Circonvallation so weitläuftig und von der Elbe separiret ist.
Die Fehler der Festung sind, dass keine sichere Communication nach dem Fort Berge zu gehet. Das Kloster, so davor lieget, könnte Anfangs der Belagerung mit Nutzen gebrauchet werden; wenn der Feind da attaquiren wollte, so müsste man, nach einer vigoureusen Defense, es sprengen. Vor dem Ulrichs-Thore bei der Windmühle ist ein Grund, wo der Feind anschleichen kann; um das zu verhindern, müsste man aus der Capitale des verdeckten Weges mit einer Communication herausgehen, eine Flèche gegen den Grund legen und solche miniren lassen. Imgleichen müsste das Polygon, von welchem man sähe, dass es der Feind attaquiren wollte, mit Rameaux gespicket werden, nicht allein auf der Capitale des bedeckten Weges, sondern auch auf den Faces, der bedeckte Weg mit Dreipfündern defendiret und das Uebrige der Defense nach den Regeln prosequi-ret werden.
Potsdam, den 1. November 1755.
214-a Siehe Bd. XXVI., S. 116, und oben, S. 9.