288. GEHEIME INSTRUCTION FÜR DIE ZU DER KAISER-WAHL NACH FRANKFURT A. M. ABGEORDNETEN BEVOLL-MÄCHTIGTEN GESANDTEN, DEN OBERSTALLMEISTER VON SCHWERIN UND DEN WIRKLICHEN GEHEIMEN ETATSRATH VON BROICH.

Berlin, 18. Februar 1741.

§ 1. Die Gesandten werden im Allgemeinen und in Betreff der Wahlcapitulation auf ihre „ausführliche Instruction“ verwiesen.

§ 2. „Gleichwie aber in gedachter Instruction der Hauptpunkt, nämlich was eigentlich vor einen Candidaten Wir vor andern zu Erlangung der kaiserlichen Dignität beforderlich sein wollten, von deswegen nicht berührt werden mögen, weilen Wir bei denen gegenwärtigen Conjuncturen dieseshalb noch zur Zeit keinen festen Entschluss fassen können, auch ehe Wir hierzu schreiten von der Disposition Unserer Herren Mitchurfürsten über diese Materie, und welcher von denen Candidaten die meiste Apparenz zu reussiren habe, zuverlässig informiret sein müssen, damit Wir Unsere Mesures hierunter desto sicherer nehmen und nicht etwa durch fruchtlose Bemühungen Uns ein vergebenes Odium zuziehen mögen, so haben bemeldte Gesandten . . . . zu erforschen, welchem von denen Candidatis die mehresten Stimmen im churfürstlichen Collegio wahrscheinlicher Weise beifallen möchten“ ....

§ 3. Die Gesandten haben zu observiren „dass sie vors erste und bis Wir ihnen desfalls nähere Verhaltungsbefehle zu ertheilen gut finden werden, nicht die geringste Parteilichkeit oder Praedilection vor einen oder den andern Theil an den Tag legen, sondern allen und jeden, sowohl denen dort persönlich anwesenden Herren Churfürsten, als auch denen churfürstlichen Gesandtschaften und denen Ministrisauswärtiger Puissancen mit gleicher Politesse und angenommener Cordialität begegnen“ ; besonders den Gesandten von Frankreich und England.

§ 4. Weisung „sich durch keinen Antrag, so ihnen etwa gemacht werden möchte, bewegen zu lassen, sich Unserer Intention halber eines <195>weiteren zu äussern, sondern alles, was dieserwegen an sie gebracht werden möchte, lediglich ad referendum zu nehmen.“

§ 5. Drei Candidaten sind bisher aufgetreten: „Baiern, welches von Frankreich portiret wird, scheinet von dem kölnischen und pfälzischen, der Herzog von Lothringen hingegen von dem mainzischen und trierischen, auch von dem churbraunschweigischen Voto versichert zu sein. Von Sachsens Bewerbung kann man „nicht anders urtheilen, als dass es entweder in der Parität derer Stimmen, welche denen übrigen Candidatis beifallen, eine Ressource zu finden vermeinet, umb ein und andres Votum vor sich selbst zu gewinnen, oder durch die von dem Grafen v. Poniatowski in Frankreich entamirte secrete Negociation den fransösischen Beitritt dergestalt zu erhalten suchet, dass diese Kron . . ., wenn selbige mit der Promotion von Churbaiern nicht durchdringen sollte, dem Könige in Polen die zu Frankreichs Disposition, dem Verlaut nach, stehende drei Churstimmen von Köln, Baiern und Pfalz zuzuwenden suchen möge“ ....

§ 6. „Bekannter Massen es zwischen Uns und dem wienerischen Hofe zueinem offenbaren Kriege gediehen, und es bei solcher Bewandniss, und so lange sothane Differenzien nicht durch einen gütlichen Vergleich beigeleget sind, Unser Interesse allerdings erfordert, das Haus Oesterreich von der kaiserlichen Dignität auf alle nur erdenkliche Weise zurückzuhalten, bei denen übrigen Candidaten aber sich ebenfalls allerhand Bedenklichkeiten finden, weswegen Wir dererselben Erhebung auf den kaiserlichen Thron befordern zu helfen noch zur Zeit Anstand nehmen, so haben mehrerwähnte Gesandte alle ersinnliche Mittel anzuwenden und sich äussersten Fleisses zu bemühen, dass das ganze Wahlnegotium durch allerhand Incidentia solange als immer möglich protrahiret werde und zu keiner Consistenz gerathen könne“ ....

§ 7. Was den Anspruch des wiener Hofes auf das böhmische Votum anbetrifft, so sollen die Gesandten „denenjenigen Churfürsten, welche dem auf die eine oder andere Weise vorhabenden Exercitio des churböhmischen Voti widersprechen und die sonder Zweifel zu Frankfurt eintreffende churböhmische Gesandtschaft weder agnosciren noch zu denen churfürstlichen Zusammenkünften und Berathschlagungen admittiren werden, in alle Wegeaccediren.“

§ 9. „Nichtsdestoweniger müssen die Gesandten sich .... in dem ganzen die böhmische Churstimme angehenden Negotio mit solcher Behutsamkeit nehmen, dass Uns allezeit eine Pforte zum Rücktritt offen bleibe, umb hierunter von System ändern und unter dem Vorwand einer deshalb eingezogenen näheren Information die Absichten des wienerischen Hofes favorisiren zu können, woferne derselbe währender dieser Handlung sich zur Billigkeit bequemen und mit Uns der schlesischen Differenzien halber auf eine annehmliche Weise setzen wollte.“

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§ 11. Die Gesandten haben zu verhindern, dass in den Präliminarverhandlungen aus der schlesischen Sache ein objectum deliberandi gemacht wird.

§ 12. „Ob auch wohl bei gegenwärtigen Umständen das Commercium zwischen Unsern Gesandten und denen Ministris des wienerischen Hofes sich von selbst verbietet, so können sie dennoch denen letzteren, wann sie dieselbigen in loco tertio rencontriren, mit aller Politesse begegnen, ihnen auch wohl mit guter Manier insinuiren, was massen Wir von Herzen bedauerten, dass es mit denen Differenzien zwischen Uns und der Königin in Ungarn Majestät zu solchen Weitläuftigkeiten gediehen wäre; es dependirte aber lediglich von ihrem Hofe, denenselben ein schleuniges Ende zu machen, und schiene dessen eigenes Interesse zu erfordern, das favorable Tempo, so annoch vorhanden wäre, um sich aus allen seinen Embarras zu reissen, nicht zu versäumen.“

Friderich.

H. de Podewils. C. W. Borcke.

Auszug aus dem Concept.