444. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL GRAF VON SCHWERIN IN BRESLAU.290-1

Mein lieber Generalfeldmarschall von Schwerin. Ich habe Euch hierdurch eine Sache eröffnen wollen, deren Importance, und wie höchst <291>nöthig es sei das Secret davon zu menagiren, Ihr bei der ersteren Ansicht ermessen werdet. Euch ist nämlich bekannt, in was vor Umständen Ich von Anfang Meiner hiesigen Expedition und bis jetzo zu mit der Stadt Breslau gestanden, und dass, ohnerachtet Ich dieser Stadt eine sehr genereuse Capitulation zugestanden und dieselbe in allen Gelegenheiten äusserst menagiret habe, dennoch das Betragen des dortigen Magistrats und eines Theils der dortigen Bürgerschaft gegen Mir sehr équivoque gewesen. Ihr wisset von selbsten, was es vor Mühe gekostet um zu verhindern, dass anfänglich diese Stadt keine österreichische Garnison eingenommen, und dass dieselbe sich endlich zu der Mir in vielen Stücken gewiss praejudicirlichen Capitulation accommodiret hat. Die Menées des dortigen Magistrats und das heimliche Verständniss mit denen Oesterreichern ist inzwischen beständig fortgegangen, wovon Ich genug Proben habe, und bin Ich versichert, dass nicht nur, falls es mit der Action bei Mollwitz anders ausgeschlagenwäre, der Magistrat nebst denen Katholischen denen Oesterreichern Thür und Thore eröffnet und alles, was von Mir in und vor der Stadt gewesen wäre, letzteren sacrificirt haben würden, sondern auch dass noch beständig intriguiret wird, die ihnen so liebe Oesterreicher dahin zu ziehen, um vielleicht durch eine Surprise dieselbe in die Stadt zu bringen oder wenigstens Meine dasige Magazins zu ruiniren. Es ist auch ausser allem Zweifel, dass die Occupation von Breslau noch beständig das But derer Oesterreicher ist, und dass dieselbe Mich damit bei allen Gelegenheiten zu allarmiren, auch Mich in allen andern Entreprisen damit zu behindern suchen, zu geschweigen derer Cabales, welche die Magistratspersonen bei denen auswärtigen Höfen und deren Ministres wider Mich machen; wie Ich denn noch ohnlängst benachrichtiget worden, dass der Magistrat an einem gewissen Hofe über Mich und Meine Armee Beschwerden geführet und so viel an ihm gewesen auswärtige Protection suchen wollen. Ich bin also dieses beständigen Cabalirens müde und daher determiniret, solchem ein Ende zu machen, Meinen Feinden das Praevenire zu spielen und durch eine Surprise und Coup de main Mich der Stadt Breslau zu bemächtigen. Wie aber dieses an sich eine so delicate und importante Sache ist, so habe Ich hierunter mein Vertrauen lediglich auf Euch gerichtet und bin von Eurer Treue und Dextéritépersuadiret, Ihr werdet solches so verschwiegen als mit aller Geschicklichkeit glücklich ausführen und indessen alles dazu mit so vieler Vorsicht praepariren, dass Niemand das geringste von Meinen Absichten soupçonnire, indessen aber alles dazu parat sei.

Mein Plan dazu ist folgender. Ich lasse das Jung-Dohnasche Regiment von Berlin anhero marschiren und werde vorgeben, dass Ich selbiges oder die beiden zu Breslau befindliche Bataillons nach Brieg und Ohlau in Garnison verlegen werde.

Gegen den Tag nun, dass solches zu Breslau ankommet, werde den Obristen Prinz Moritz mit einem Bataillon seines Regiments über <292>die Oder gehen lassen, um auf der anderen Seite von Breslau bei der Hand zu sein, von hier aus aber werde noch ein Paar Grenadierbataillons detachiren, um solche zur Surprise bei der Hand zu haben. Diese Bataillons nebst denen, welche bereits in denen dortigen Vorstädten sein, müssen alsdann suchen, wenn es Zeit sein wird, sich zuvorderst derer Thore von Breslau, darauf sogleich des Arsenals zu bemeistern, auch den Wall zu bekommen und die Stücken auf solchem umzukehren und gegen die Stadt zu pointiren, zugleich muss gesuchet werden, sich der Person des Commandanten und derer sämmtlichen Magistratspersonen zu versichern, der erstere indess höflich tractiret, durch alle Promessen zu gewinnen gesuchet, letztere aber sämmtlich in Arrest und in Sicherheitgebracht werden. Die Nassauischen Dragoner müssen zu gleicher Zeit in die Stadt einrücken und nichts thun, als überall die Strassen und Carrefours patrouilliren, um, wenn sich etwa einige Leute sammlen wollten, solche sogleich auseinander zu jagen und alles Attroupement zu verhindern. Was aber sodann weiter zu thun, werde Ich vorkommenden Umständen nach Eurer Dextérité überlassen. Der Bürgerschaft muss alle Gnade, und dass sie weder sammt noch sonders das Geringste verlieren sollten, versichert werden, woferne sie sich nur ruhig halten würden, wie dann alle Désordres und das Plündern auf das äusserste verhütet werden und kein Soldat bei Todesstrafe aus Reih und Gliedern gehen soll. So viel es möglich ist, muss die Güte gebrauchet, wo aber solche nicht verfangen oder Gewalt gebrauchet werden will, solche wieder mit Gegengewalt vertrieben werden. Meine in den Vorstädten befindliche Magazins müssen wohl besetzetwerden, damit gegen solche nicht etwas schädliches tentiret werden kann. Wenn wir von der Stadt Meister sein, sollet Ihr überall eine vollkommne Amnestie ausrufen, und Jedermann, soviel immer möglich, rassuriret werden. Ich aber werde darauf bedacht sein, die auswärtige Ministres aus der Stadt anhero kommen zu lassen, wie Ich dann auch einige derer vornehmsten aus denen Magistratspersonen, so Mir am verdächtigsten sein, de bonne manière anher zu bringen suchenwerde. So wenig das Feldcommissariat als den von Podewils müsset Ihr von dieser Entreprise nicht das geringste merken lassen, jedennoch ist auf Mittel zu denken, wie vorher sowohl die Feldkriegeskasse als die importantesten Papiere des von Podewils, auch des Feldcommissariats, gesichert werden. Da Ich auch eine grosse Partie wohlgesinneter Bürger in der Stadt habe, so sollet Ihr Euch des p. Morgensterns bedienen, damit derselbe in seinem bisherigen Tramiren continuire und unter dem Namendes Dr. Freyers die Mir affectionnirte Bürger in guten Gedanken und Neigung gegen Mich conservire, von Meiner Intention aber müsset Ihr demselben nicht das Geringste eröffnen.

Ihr habt also von der ganzen Entreprise einen ordentlichen Plan und Disposition zu machen und Mir solchen zu Meiner Approbation in Zeiteneinzusenden, wobei aber die Wichtigkeit der Sache erfordert, <293>dass Ihr, um das Secret äusserst zu menagiren, alles eigenhändig schreibet, auch sogar alle Soupçons verhütet, Ich bin von Eurer Treue und Capacität versichert, Ihr werdet alles wohl überlegen und so einrichten, damit an einem glücklichen Ausschlag der Sache nicht zu zweifeln. Wohergegen Ihr versichert sein könnet, dass Ich dieses Mir so grossen und importanten Diensts lebenslang ohnvergessensein und Euch in allen Gelegenheiten marquiren werde, mit was vor Estime und Verbindlichkeit Ich bin etc.

Friderich.

Nach dem Concept.



290-1 Ohne Datum. Die Antwort Schwerins ist vom 2. August.